Die Wärme muss bezahlbar bleiben

Von Hans-Peter Hoeren

Die Bezahlbarkeit der Wärmewende für die Bürger und die Unternehmen ist für die Kommunalwirtschaft das größte Hindernis auf dem Weg zur Klimaneutralität. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des VKU anlässlich des am 30. September beginnenden VKU-Stadtwerkekongresses in Mainz (Grafiken zu den zentralen Ergebnissen der Umfrage finden Sie hier).

"Letztlich geht es hier um die Akzeptanz der Wärmewende in der Bevölkerung“, verdeutlichte VKU-Chef Ingbert Liebing im Vorfeld der Branchenveranstaltung bei einer Pressekonferenz bei den Mainzer Stadtwerken. Viele Haushalte tun sich aktuell aber noch schwer mit einer Entscheidung für einen Fernwärmeanschluss, auch aufgrund der aktuell vergleichsweise niedrigen Gaspreise, berichtete die technische Vorständin der Mainzer Stadtwerke, Kerstin Stumpf.

Da die Stadt Mainz zudem noch an der kommunalen Wärmeplanung arbeitet, bauen die Mainzer Stadtwerke die Fernwärme aktuell nur dort aus, wo es entsprechende Bedarfe gibt und somit ein wirtschaftlich sinnvoller Ausbau möglich ist. "Wir versuchen deshalb zuerst große Ankerkunden, wie Industriebetriebe und die Eigentümer großer Eigentümerliegenschaften, mit überschaubarem Aufwand zu akquirieren", erklärte Stumpf. 

So schaffe man auch wirtschaftlich eine bessere Ausgangsposition für weitere Anschlussnehmer. Ein weiterer Ausbau sei ansonsten aktuell nur möglich mit einer entsprechenden Förderung oder einem Anschluss- und Benutzungszwang.
 

Sehr gute Ausgangsbedingungen für Wärmewende in Mainz

In den nächsten Jahren werden die Mainzer Stadtwerke rund 100 Millionen Euro in die Wärmewende investieren und rechnen mit einer Förderung von 40 Prozent. Geplant ist der Verkauf von weiteren 230 Gigawatt an Wärme in den nächsten Jahren. Mainz hat in vielerlei Hinsicht sehr gute Ausgangsbedingungen für die Wärmewende.

Über 30 Prozent der Erzeugung der Wärmeversorgung sind bereits dekarbonisiert, 80 Prozent bis 2030 sind durchaus realistisch, vor allem dank der Nutzung von Abwärme aus der Müll- und Klärschlammverbrennung sowie aus dem neu entstehenden Rechenzentrum bei der Tochter Kraftwerke Mainz-Wiesbaden (KMW). Eine halbe Milliarde Euro wird aktuell in das Rechenzentrum über ein Joint-Venture mit einem norwegischen Betreiber investiert, bis zu 60 Megawatt an Wärme soll dort künftig ausgekoppelt werden.

Mainz kann großen Teil der Gewinne einbehalten 

Aber auch finanziell steht die breit aufgestellte Stadtwerkegruppe aus Mainz gut da, wie der Vorstandsvorsitzende Daniel Gahr erläuterte. "Stadtwerke brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und eine beherzte finanzielle Unterstützung. Hier kann die Stadt Mainz durchaus als Vorbild dienen", so Gahr.  Dank einer "sehr weitsichtigen und klugen Vereinbarung" mit der Stadt müsse der kommunale Versorger nur einen kleinen Teil seiner Gewinne abführen.

Entsprechend liegt die Eigenkapitalquote ungeachtet einer aktuellen 100-Millionen-Investition in neue Straßenbahnen bei 40 Prozent und auch die für Banken-Finanzierungen relevanten Kennzahlen seien entsprechend gut.

Fehlende Rechtsgrundlage für Umlage der Kosten in Dekarbonisierung der Fernwärme

Um die Kosten in die Dekarbonisierung der Fernwärme entsprechend auf die Kunden umlegen zu können, fehle der Branche aber weiterhin eine klare Rechtsgrundlage, etwa bei den allgemeinen Versorgungsbedingungen für die Fernwärme, ergänzte VKU-Chef Ingbert Liebing. Zudem müsse die "rückwärtsgewandte" Fernwärmelieferverordnung entsprechend angepasst werden. Seitdem diese Verordnung existiere die Umstellung auf Fernwärme im vermieteten Gebäudebestand signifikant zurückgegangen. Auch bei der AVB-Fernwärme bestehe dringender Anpassungsbedarf, ebenso sei eine verlässliche Förderung unerlässlich. "Je mehr Wärmepläne fertiggestellt werden, desto höher wird der dadurch ausgelöste Finanzierungsbedarf", verdeutlichte Liebing.

Um bei der Wärmewende schneller voranzukommen, votieren in der aktuellen VKU-Umfrage 84 Prozent der befragten Unternehmen für mehr Klarheit bei den rechtlichen Rahmenbedingungen. 76 Prozent fordern eine verlässliche und stetige Förderung. 67 Prozent wünschen sich weniger Bürokratie und schnellere Genehmigungen.  

Liebing: "Novelliertes Gebäudeenergiegesetz muss Transformation erleichtern"

Wichtig sei vor allem, dass die Entwürfe für wichtige Gesetzesvorhaben wie das Gebäudeenergiegesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWK-Gesetz) von der Regierung noch im Herbst an den Start gebracht würden, so der VKU. In vielen Städten sei die Wärmewende schon viel weiter fortgeschritten als die gesetzlichen Vorgaben, erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing gegenüber der ZfK.

Enercity beispielsweise baue in Hannover die Fernwärme bereits großflächig aus. "Wenn man dann nicht weiß, wie die Spielregeln aussehen, ist das nicht gut", so Liebing. Wichtig sei ein Gebäudeenergiegesetz, dass die Transformation erleichtere und diese nicht durch zusätzliche, kleinteilige Auflagen noch komplizierter mache.

Gleichzeitig sei es zentral, bei den grundlegenden Leitplanken des Gesetzes nicht wieder bei "null zu beginnen". Die Branche habe sich etwa auf einen künftigen Anteil erneuerbarer Energien von 65 Prozent bei neu einzubauenden Heizungen eingestellt. "Dies stellen wir nicht mehr infrage."

"Wir brauchen deutlich mehr Luft für neue KWK-Projekte"

Neben der einer zügigen Novelle des Gebäudeenergiegesetzes hofft der VKU auf eine zeitnahe Verlängerung und anschließende Reform des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG). "Wir brauchen eine sichere Perspektive für die Kraft-Wärme-Kopplung bis weit in die 2030er Jahre hinein", betonte Liebing, eine Verlängerung um zwei Jahre helfe hier nicht, da für die Planung, Genehmigung und den Bau neuer Projekte in der Regel einige Jahre veranschlagt werden müssten. "Wir brauchen deutlich mehr Luft für neue Projekte."

Da zudem die KWK-Ausschreibungsverordnung zum Jahresende auslaufe, könne nach aktuellem Stand im nächsten Jahr keine KWK-Ausschreibungen stattfinden. "Deshalb ist hier höchste Eile geboten, entsprechende Planungsicherheit für die Kraft-Wärme-Kopplung zu schaffen", forderte Liebing.

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