Brandenburg trocknet aus: 40 Prozent weniger Grundwasser

Von Elwine Happ-Frank

Brandenburg erlebt seit 1980 einen dramatischen Rückgang der Grundwasser-Neubildung. In einer neuen Studie beziffern die Hydrologen Till Francke und Maik Heistermann von der Universität Potsdam den Rückgang auf etwa 40 Prozent. Das Problem: Brandenburg gehört mit nur 500 bis 700 Millimetern Niederschlag pro Jahr zu den trockensten Bundesländern Deutschlands.

Die Folge: Die Grundwasser-Neubildung nimmt kontinuierlich ab, was sowohl die natürlichen Ökosysteme als auch die Wasserversorgung gefährdet. Denn das Land ist stark auf Grundwasser als Trinkwasserquelle angewiesen.

In fünf untersuchten Einzugsgebieten (Stepenitz-Löcknitz, Plane-Buckau, Nuthe, Obere Dahme und Ucker-Welse) hat sich die Wasserführung der Flüsse seit 1980 um 40 Prozent verringert. Der Rückgang beträgt zwischen 10 und 21 Millimetern pro Jahrzehnt.

Große Teile Brandenburgs werden von durchlässigen Sandböden dominiert, wodurch der Oberflächenabfluss vernachlässigbar gering ist. Die Flusswasserführung wird daher fast ausschließlich durch Grundwasser gespeist. Ein Rückgang der Flusswasserführung ist gleichzeitig ein Indikator für weniger Grundwasser-Neubildung.

Drei Hauptfaktoren

Besonders in Regionen mit tiefen Grundwasserspiegeln, also den eigentlichen Neubildungsgebieten, sind zwischen 1976 und 2020 signifikante Rückgänge der Grundwasserstände messbar. Diese Entwicklung ist umso bedenklicher, als gleichzeitig die Grundwasserentnahme seit 1991 deutlich reduziert wurde.

Die Studie identifiziert drei Hauptfaktoren, die seit 1980 zu einem Rückgang der Grundwasser-Neubildung um 4 bis 21 Millimeter pro Jahrzehnt geführt haben. Der Klimawandel spielt dabei eine zentrale Rolle: Steigende Lufttemperaturen und vermehrte Sonneneinstrahlung erhöhen die Verdunstung und reduzieren damit die verfügbare Wassermenge für die Grundwasser-Neubildung.

Zusätzlich ist der sogenannte Blattflächenindex (Leaf Area Index/LAI) seit 1980 um 0,1 Quadratmeter pro Jahrzehnt angestiegen, ein Phänomen, das als "Ergrünung der Erde" bekannt ist. Mehr Blattfläche bedeutet mehr Verdunstung durch die Pflanzen, was die Grundwasserneubildung um weitere drei bis fünf Millimeter pro Jahrzehnt reduziert.

Bei der Niederschlagsentwicklung zeigt sich ein komplexes Bild. Die Trends sind kleinräumig sehr unterschiedlich und statistisch meist nicht signifikant. Dennoch können nach Ansicht der Experten selbst geringe Änderungen der Niederschlagsmuster fundamentale Auswirkungen auf die Grundwasser-Neubildung haben.

Die Forscher verwendeten in ihrer Studie das SWAP-Modell (Soil-Water-Atmosphere-Plant), um die Wasserbilanz für den Zeitraum 1980-2023 zu simulieren. Besondere Aufmerksamkeit galt der Verwendung homogener Klimadaten von vier Wetterstationen (Potsdam, Lindenberg, Angermünde, Marnitz) sowie der Berücksichtigung der unterschiedlichen Grundwassertiefen in Brandenburg, die von wenigen Metern bis über 50 Meter reichen.

Immer noch große Datenlücken

Trotz der detaillierten Modellierung bleiben laut der Studie erhebliche Unsicherheiten bestehen. In vier von fünf untersuchten Einzugsgebieten ist der beobachtete Rückgang der Flusswasserführung stärker als der modellierte Rückgang der Grundwasser-Neubildung.

Mögliche Erklärungen für diese Diskrepanz sind unvollständige Klimadaten und deren Inhomogenitäten, Landnutzungsänderungen und Bewässerung, unbemerkte menschliche Eingriffe in den Wasserhaushalt, Modellunsicherheiten sowie Unsicherheiten bei der Bestimmung der Grundwassertiefen.

Obwohl einige Klimamodelle für die Zukunft höhere Winterniederschläge und damit eine mögliche Zunahme der Grundwasser-Neubildung projizieren, warnen die Forscher vor Optimismus. Denn die Vorhersagen bezüglich dieser zukünftigen Entwicklungen seien mit großen Unsicherheiten behaftet.

Für das Wassermanagement empfehlen die Forscher ein verstärktes Monitoring der aktuellen Wasserverhältnisse, eine Verbesserung der Modelle für die Vorhersage kritischer Situationen sowie eine Planung auf Basis der Annahme, dass die Grundwasser-Neubildung weiter abnehmen könnte. Die Versorger sollten bereits jetzt entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen, statt auf eine ungewisse Verbesserung der Situation zu hoffen.

Für die Forschung sei es prioritär, die identifizierten Unsicherheiten zu reduzieren, längere und homogenere Datenreihen zu entwickeln und die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen besser zu verstehen.

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