Bei neuen Gaskraftwerken sollte nicht an Systemsicherheit gespart werden, sagt Behördenexperte Krieger. Auch erneuerbare Energien sollen mehr Verantwortung übernehmen.
Ganz ist das Rätsel um den Blackout in Spanien noch nicht gelöst. Noch immer ist unklar, was die Anfangsursache war. Nur so viel: Der pauschale Vorwurf, die erneuerbaren Energien seien schuld gewesen am bislang größten Stromausfall im westeuropäischen Verbundnetz, trägt nicht.
Trotzdem schärfte der Blackout den Blick darauf, wie wichtig Systemstabilität auch im deutschen Netz ist. Hier ein paar Punkte, die Bundesnetzagentur und Übertragungsnetzbetreiber für zentral halten, basierend auf einer Diskussion von Mirjam König von Transnet BW und Nicolas Krieger von der Bundesnetzagentur beim Strommarktforum.
Erneuerbare Energien
Hallo
Good bye
Die alte Stromwelt funktionierte – vereinfacht gesagt – wie folgt: Einen Großteil des Stroms produzierten große Kohle- und Kernkraftwerke. Diese lieferten praktisch frei Haus wichtige Netzdienstleistungen mit. Gemeint sind beispielsweise Momentanreserve (sehr kurzfristige Leistungsreserve im Stromnetz) oder die Bereitstellung von Blindleistung (Energie, die Spannung im Netz anheben oder absenken kann). Künftig wird der Großteil des Stroms von erneuerbaren Energien erzeugt. Die Herausforderung dabei: Wer liefert dann Netzdienstleistungen? "Erneuerbare Energien sollen das Gleiche können wie konventionelle Kraftwerke", sagte Transnet-BW-Expertin König. "Oder aber wir brauchen Betriebsmittel, die das auch können." Beispielhaft nannte sie sogenannte Statcom-Anlagen. Diese können je nach Bedarf die Netzspannung verringern oder erhöhen.Bei neuen Anlagen im Bereich der erneuerbaren-Energien ließe sich mehr Systemverantwortung über Netzanschlussvorgaben regeln, führte König aus. Das geschehe auch jetzt schon. Bleiben die Bestandsanlagen. Das sei teilweise schwierig, sagte die Transnet-BW-Expertin. "An dem Thema wird gearbeitet."
Gaskraftwerke
Bis 2032 will die Bundesregierung mindestens zehn Gigawatt (GW) Gaskraftwerke bauen lassen. Auch sie würden helfen, die Netzstabilität zu sichern, indem sie beispielsweise Blindleistung bereitstellen, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt keinen Strom produzieren.
Bundesnetzagentur-Experte Krieger warnte davor, die Vorgaben zu lockern, um den Kraftwerksneubau günstiger zu machen. "Wenn wir viel Geld in die Hand nehmen, um neue Gaskraftwerke zu bauen, müssen diese auch systemdienlich sein", mahnte Krieger.
Tatsächlich waren die Anforderungen an neue Gaskraftwerke in den Plänen des damaligen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) bereits recht streng. Detailliert wurde im Konsultationspapier aufgelistet, welche Netzdienstleistungen neue Anlagen nachweislich mitbringen müssten. Vermutlich werden auch in der neuen Kraftwerksstrategie von Betreibern entsprechende Anforderungen verlangt werden.
Kernkraftwerke
Aus Sicht der beiden Experten sind Kernkraftwerke nicht nötig, solange es genügend andere Anlagen gibt, die netzdienliche Leistungen erbringen. "Aus energiewirtschaftlicher Sicht ist es relativ egal, was hinter dem Generator hängt", sagte Krieger. "Das Entscheidende ist, dass wir auch im Energiesystem der Zukunft unabhängig von der fluktuierenden Erzeugung sein müssen."
Krieger wies zudem darauf hin, dass Kernkraftwerke im Zusammenspiel mit Wind- und Solarenergie bestehende Probleme verschärfen würden. Denn anders als etwa Gaskraftwerke sind Kernkraftwerke wenig flexibel. Sie lassen sich nicht so einfach ein- und ausschalten. In der Folge würden in der Grundlast laufende Kernkraftwerke die Strompreise noch weiter in den Keller drücken, wenn an sonnigen Tagen bereits Solaranlagen mehr als genug Strom produzieren würden.


