Reiche macht Stadtwerken Hoffnung

Von Lucas Maier

Zum Abschluss des Stadtwerkekongresses in Mainz ist Katherina Reiche live zugeschaltet worden. Die Wirtschaftsministerin nahm zuvor an der ersten Klausurtagung der Regierungskoalition in Berlin teil. Die CDU-Frau sprach vor den rund 700 Teilnehmenden davon, dass es sich für sie wie ein "Homecoming" – oder auf gut Deutsch Heimkehr – anfühle. Zwischen 2015 und 2019 war Reiche Hauptgeschäftsführerin beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU).

Über die Klausurtagung sagte sie, dass Atmosphäre gut gewesen sei. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) äußerte sich bei einer Pressekonferenz kurz nach der Klausur ähnlich. Man arbeite vertrauensvoll und kollegial zusammen. Beide signalisierten Aufbruchsstimmung. "Wir haben den Anspruch, dass wir wieder an die Spitze kommen", sagte er. Auf dem VKU-Kongress sagte Reiche: "Wir unterziehen dieses Land einer Fitnesskur."

Kraftwerksausschreibungen erst 2026

Die Ministerin bekräftigte den Zubau von gesicherter Leistung in Deutschland. Konkret werden gerade zwölf Gigawatt an steuerbaren Kraftwerken mit der Europäischen Kommission verhandelt. Zuvor hatte Reiche immer wieder betont, dass es die ersten Ausschreibungen noch in diesem Jahr geben werde. Von der Fachwelt wurde die Machbarkeit des Vorhabens zunehmend infrage gestellt. Am Mittwoch sagte Reiche nun: "Wir wollen Ende des Jahres das Ausschreibungsdesign bekannt machen." Die ersten Ausschreibungen sollen erst 2026 veröffentlicht werden. Bis Mitte 2026 solle Klarheit über die Finanzierung bestehen.

Man werde außerdem den notwendigen Ausbau der Infrastruktur in Deutschland vorantreiben, kündigte die Ministerin an. Mit dem aktuellen Stand sei ein Wachstum von maximal 0,5 bis 1 Prozent möglich. Es würde "aber nicht in jene Wachstumsregionen führen, die wir brauchen".

EU-Entscheidung zu Strommarkt gefallen

"Sie alle warten zu Recht darauf, dass wir zu Reformen kommen, die unser Land wieder zu Wachstum führen", sagte Reiche an die Vertreter aus Stadtwerken und kommunalen Unternehmen gerichtet. Mit 0,3 Prozent Wachstum würde Deutschland in diesem Jahr das Schlusslicht in Europa sein.

Zuletzt ist die Bundesnetzagentur in einem Verfahren vor den Europäischen Gerichtshof gezogen. Hintergrund war, dass europäische Regulierungsbehörde Acer eine Einschränkung des deutschen grenzüberschreitenden Stromflusses und Stromhandel erreichen wollte. Laut Reiche sei heute das Urteil zugunsten der Bundesnetzagentur gefallen. "Das hätte Druck auf unsere Stromzone gegeben. Da können wir schon mal Entlastung verkünden."

Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag vereinbart, an der bundeseinheitlichen Strompreiszone festzuhalten. Dies untermauerte Reiche am Mittwoch. Für eine Teilung der Strompreiszone sind unter anderem mehrere nördliche Bundesländer.

In seiner letzten Sitzung hatte sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, die Abscheidung und Speicherung von CO2 bei Gaskraftwerken zu verwehren. Die Wirtschaftsministerin sprach sich in ihrem Statement hingegen für den Einsatz von CCS bei Gaskraftwerken aus. "Gas ist besser als Kohle. Gas mit CCS ist noch besser." Aus Reiches Sicht brauche es jetzt konkrete Projekte die vor Ort von den Bundesländern ausgelobt werden.

Mit Blick auf den Wasserstoffhochlauf bekräftigte die Ministerin, dass man sich nicht auf grünen Wasserstoff versteifen solle. "Die Kommission tut sich sehr schwer mit der Anerkennung, dass wir beim grünen H2 Flexibilität brauchen." Derzeit könne man keinen grünen Wasserstoff zu einem Preis herstellen, den man wirtschaftlich vertreten könne.

Bürokratieabbau: 25 Prozent weniger Kosten

Neben den Ausführungen von Reiche wurde in der ersten Kabinettsklausur eine umfangreiche "Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung" beschlossen. Das Papier liegt der Redaktion vor. Insgesamt umfasst die Agenda mehr als 80 Einzelmaßnahmen. Erklärtes Ziel der Bundesregierung: Verwaltung verschlanken, digitalisieren und handlungsfähiger machen.

Ein Kernziel der Agenda ist der Abbau von Bürokratie. Die Kosten in diesem Bereich sollen um 25 Prozent eingedampft werden. Dadurch werden rund 16 Milliarden Euro frei, wie es in der Agenda heißt. Die Datengrundlage stehe jedoch noch unter Aktualisierungsvorbehalt. Bis Ende des Jahres soll diese finalisiert werden.

Die Einsparung soll über eine Reduzierung der Dokumentations- und Berichtspflichten, schnellere Verfahren und eine bessere digitale Anbindung erzielt werden. Außerdem sollen neue Gesetze "Praxischecks" unterzogen und ein Bürokratiemeldeportal eingeführt werden. Es soll Unternehmen digitalisiert ermöglichen, direkt Entlastungsvorschläge einzubringen.

Förderzentrale Deutschland: Ein digitales Tor zu Fördermitteln

Die Vergabe von Fördermitteln soll in Deutschland vereinfacht werden. Hierfür will die Bundesregierung die "Förderzentrale Deutschland" einführen. Sie soll den Zugang "niedrigschwellig, schnell und transparent" gestalten.

Ergänzt wird das Angebot um einen KI-basierten "Förderlotsen Wachstumsmärkte", der Förderoptionen transparenter macht. Dieser ist jedoch erst einmal nur für Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen.

Regierung will mehr Tempo

Ein weiterer identifizierter Hebel liegt im Bereich der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Mit Instrumenten wie Genehmigungsfiktionen, höheren Schwellenwerten und mehr Ermessensspielräumen will die Bundesregierung Verfahren beschleunigen.

Inwieweit das in schnelleren Verfahren bei Netzausbau und Co. führen wird, bleibt abzuwarten. Das dürfte maßgeblich damit zusammenhängen, ob Kommunen und Länder die Maßnahmen mittragen.

Lesen Sie weiter mit Ihrem ZfK-Abonnement

Erhalten Sie uneingeschränkten Zugang zu allen Inhalten der ZfK!

✓ Vollzugriff auf alle ZfK-Artikel und das digitale ePaper
✓ Exklusive Analysen, Hintergründe und Interviews aus der Branche
✓ Tägliche Branchen-Newsletter mit den wichtigsten Entwicklungen

Ihr Abonnement auswählen

Haben Sie Fehler entdeckt? Wollen Sie uns Ihre Meinung mitteilen? Dann kontaktieren Sie unsere Redaktion gerne unter redaktion@zfk.de.

Home
E-Paper