Schnellboot oder Scheinlösung: Bis zu 12 GW?
Die EU-Kommission hat am Donnerstag die Aufstockung der deutschen Förderung für Biomasse und Biogas genehmigt. Damit wird das bestehende Programm um 7,9 Milliarden Euro erweitert. Laut der Brüsseler Behörde sind die Änderungen mit EU-Recht vereinbar. Sie blieben verhältnismäßig und beschränkten sich auf das Minimum, das nötig sei, um Anreize für mehr Ökostrom-Erzeugung zu schaffen.
Die Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die Deutschland bereits im Februar zur beihilferechtlichen Prüfung vorgelegt hatte, umfassen ein höheres Ausschreibungsvolumen, einen Flexibilitätszuschlag sowie strengere Anforderungen an den Betrieb von Biogasanlagen. Die Kommission betont, die Maßnahme sei notwendig und geeignet, um die Stromerzeugung aus Biomasse und Biogas zu sichern, ohne den Wettbewerb im Binnenmarkt unzulässig zu verzerren.
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"Der Baum brennt" – Genehmigung kam in letzter Minute
Für die deutsche Biogasbranche war die Entscheidung überfällig. Schon seit Monaten hatten Betreiber und Verbände vor einem massiven Einbruch gewarnt. Mehr als 1000 Anlagen stehen vor dem Aus, da ihre Förderung nach 20 Jahren ausläuft. "Der Baum brennt", hieß es bereits im Sommer von Branchenvertretern, die die Bundesregierung aufforderten, in Brüssel Druck zu machen.
Biogasanlagen liefern nach Angaben des Umweltbundesamts rund zehn Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Energien und ein knappes Drittel der erneuerbaren Wärme. Durch ihre flexible Fahrweise gelten sie als wichtige Stütze für die Versorgungssicherheit. Doch ohne Förderung sind viele von ihnen angesichts gestiegener Rohstoffpreise und schwankender Börsenstrompreise kaum wirtschaftlich zu betreiben.
Hauptstadtbüro Bioenergie: "Wichtiger Schritt – aber nicht ausreichend"
Entsprechend groß war die Erleichterung über die nun erteilte Genehmigung. "Nach Monaten der Unsicherheit ist heute endlich das Biomassepaket und damit wichtige Änderungen am EEG von Seiten der EU beihilferechtlich genehmigt worden. So wurde für Hunderte Biogasanlagen im Land ein gangbarer Weg für einen sicheren Fortbestand aufgezeigt", sagte Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB).
Das Paket sieht für 2025 ein Ausschreibungsvolumen von 1300 Megawatt vor, davon 813 Megawatt in der Oktoberausschreibung. Zudem steigt der Flexibilitätszuschlag auf 100 Euro je Kilowatt installierter Leistung. Laut Rostek eröffnet das den kurzfristigen Bau von rund 3 Gigawatt flexibler Kraftwerksleistung aus Biogas – mit Potenzial für Strom- und Wärmeversorgung.
Dennoch bleibt die Branche kritisch. Viele ältere Anlagen, die in den Jahren 2004 und 2005 ans Netz gingen, könnten von den neuen Regelungen nicht mehr rechtzeitig profitieren. "Ohne eine entsprechende Übergangsregelung werden viele dieser Anlagen keine Chance haben, die Anforderungen des neuen EEG rechtzeitig zu erfüllen", warnte Rostek.
Das HBB fordert deshalb eine schnelle, de-minimis-kompatible Überbrückungshilfe. Da eingeplante Haushaltsmittel durch die Verzögerung nicht vollständig ausgeschöpft würden, sei eine Rettungsmaßnahme ohne zusätzliche Kosten möglich. Zugleich plädieren die Verbände für ein zweites Biomassepaket, das auf ein Strommengenmodell umstellt, für mehr Kontinuität beim Ausschreibungsvolumen sorgt und den Netzanschluss erleichtert.
"Erneuerbares Schnellboot der Kraftwerksstrategie"
Die Bioenergie könne kurzfristig einen wesentlichen Beitrag zur Kraftwerksstrategie des Bundes leisten, so Rostek. "Flexible Biomasseanlagen sind das erneuerbare Schnellboot der Kraftwerksstrategie. Bevor überhaupt ein einziges fossiles Gaskraftwerk steht, können bereits weitere zwölf Gigawatt Biogasleistung ans Netz gehen." (luc)


