Bietigheim-Bissingen: Verluste im Energievertrieb setzen Stadtwerken weiter zu

Von Hans-Peter Hoeren

Verluste im Energievertrieb und der Beschaffung machen den Stadtwerken Bietigheim-Bissingen in der Nähe von Stuttgart weiterhin zu schaffen. Der kommunale Versorger hat das Geschäftsjahr 2024 mit einem Defizit von 3,87 Millionen Euro (2023: minus 2,57 Millionen Euro) abgeschlossen. Es ist das dritte Verlustjahr in Folge. Auch die Umsätze gingen deutlich auf 136,1 Millionen Euro zurück (2023: 188,7 Millionen). Die städtische Holding wird die Verluste des Tochterunternehmens erneut ausgleichen.

Grund für die neuerlich roten Zahlen sind signifikante Verluste von Haushalts- und Gewerbekunden und Verluste aus den notwendigen Verkäufen teuer eingekaufter Energiemengen aus der jüngsten Energiekrise, erklärt Herbert Marquard, der seit August die Geschäftsführung des Stadtwerks übernommen hat. Das kommunale Unternehmen beschafft wie das Gros der Stadtwerke strukturiert in monatlichen Tranchen.

"Mittlerweile sind die Preise für die Kunden mit Standardlastprofil wieder marktfähig, aktuell verlieren wir aber immer noch Kunden", so Marquard. Der Marktanteil bei der wichtigsten Ertragssäule Stromvertrieb liege aktuell bei knapp 50 Prozent.

"Controlling und Risikomanagement haben nicht funktioniert"

In seinen ersten Wochen vor Ort hat der neue Geschäftsführer vor allem versucht, für Transparenz zu sorgen und Vertrauen bei den tief verunsicherten rund 270 Mitarbeitenden zu schaffen und entsprechend viel kommuniziert. "Wichtig ist, dass wir nach vorne schauen, die Motivation und die Unternehmenskultur stärken und eine Aufbruchstimmung erzeugen", sagt Marquard. Wichtig seien dabei Erfolgserlebnisse, insbesondere auch im Vertrieb.  

Vor allem organisatorisch und strukturell sollen die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen künftig anders aufgestellt werden. "Das Controlling und das Risikomanagement haben nicht richtig funktioniert. Es gab keine Mehrjahresplanung, es gab zu viele Führungspositionen und Stabsstellen", erklärt der erfahrene Energiemanager.

Nach der Trennung vom Vertriebsleiter ist Marquard interimistisch auch für den Bereich Vertrieb zuständig. Energiebeschaffung und Vertrieb für Gewerbekunden sind bereits zusammengelegt worden. Die Zahl der Vorlieferanten wurde erweitert.

"Wir haben ein Ergebnis- und kein Liquiditätsproblem"

Die Eigenkapitalquote des Unternehmens liegt trotz der neuerlichen Verluste immer noch bei guten 42 Prozent. "Wir haben kein Liquiditäts-, sondern ein Ergebnisproblem", verdeutlicht der Geschäftsführer. Im November will er im Aufsichtsrat "erstmals" eine Mittelfristplanung vorstellen.

"Um dauerhaft noch marktfähigere Preise anbieten zu können, müssen wir stärker Energie über Kampagnenbeschaffung einkaufen", verdeutlicht er. Ziel sei der Einkauf spezieller, kostengünstig beschaffter Energiemengen für bestimmte Kundensegmente, beispielsweise für Bestandskunden, deren Verträge in absehbarer Zeit auslaufen. Aber auch die Erschließung neuer Geschäftsfelder und neuer Einnahmequellen im Vertrieb sei mittelfristig unerlässlich.

Stellenreduktionen sind aktuell kein Thema, wohl aber das Heben interner Effizienzen und die Senkung von Kosten. Das gelte auch für die stetig defizitären Sparten wie die Bäder und die Eishalle. "Dort können wir nicht dauerhaft alle Kosten tragen." Dort, wo Investitionen erforderlich seien, werde man aber weiter investieren, etwa im Bereich der Stromnetze.

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