Von Hans-Peter Hoeren

Schlanke Prozesse und Lean Management, Learnings aus dem Scheitern eines Start-ups und ein Plädoyer für die wirtschaftlichen Potenziale des Smart-Meter-Rollouts – und das in jeweils nur drei Minuten: Maria Creeten, die Geschäftsführerin der Stadtwerke Düren, hatte sich einiges vorgenommen auf dem diesjährigen VKU-Stadtwerkekongress.

Es ging um Geschäftsmodelle, die funktionieren und solche, die sich dauerhaft als nicht erfolgreich erweisen. So ist dieses mittlerweile beliebteste Format der Branchenveranstaltung unter dem Titel "Von Tankern und Beibooten" konzipiert. In diesem Jahr gaben mit der Geschäftsführerin aus Düren und Daniel Töpfer, Geschäftsführer der Stadtwerke Soltau, zwei Vertreter der jüngeren Generation Einblicke in ihre Erfahrungen.

1. Lean Management: "Mehr Zeit statt mehr Stellen"

Die Stadtwerke Düren wollen bis 2030 rund 60.000 Arbeitsstunden über schlankere Prozesse und Lean Management einsparen. Aktuell hat man bereits 28.500 Stunden eingespart, das entspricht rund 17 nicht aufgebauten Vollzeitstellen. "Oft gerät Lean Management nach ein paar Monaten wieder in Vergessenheit, es kostet viel Mühe an dem Thema dranzubleiben", berichtete Maria Creeten. In Düren werde das Thema permanent im Intranet gespielt, sei auf jeder Betriebsversammlung präsent, in jeder Abteilung gibt es "Lean-Paten", die in den gängigen Methoden geschult sind.

"Jeder im Unternehmen kennt das Thema. Wir haben Lean-Bords in den Abteilungen, in dem jeder Zeitfresser benennen kann. Wir kümmern uns um jeden Post-it", so Creeten weiter.

Lean Management lasse sich zudem sehr gut mit künstlicher Intelligenz kombinieren. Früher sortierte ein Mitarbeiter noch die Mails nach Abschlag, Ablesung oder Sepa-Mandaten, mittlerweile macht das die KI und liefert auch Antwortvorschläge. "Das Thema macht richtig Spaß, wir zählen weiter", berichtete Creeten.
 

2. Abenteuer Start-up: "Learnings aus dem Projekt Energierevolte"

Ein Prepaidzähler als White-Label-Lösung zur Prävention im Forderungsmanagement – mit dieser Idee ist 2018 das Start-up "Energierevolte", eine 100-prozentige Tochter der Stadtwerke Düren gestartet. "Das war ein tolles Geschäftsmodell, mit sehr viel Einsparpotenzial", erzählt Creeten. Ein Team von rund 10 Mitarbeitenden wurde aufgebaut, aber letztlich wurden zu wenig Kunden gewonnen und die erforderlichen Deckungsbeiträge blieben aus.

Die wichtigsten Learnings aus Sicht der Geschäftsführerin:

  • Mehr Haltepunkte definieren und festlegen, an welcher Stelle ein Schlussstrich gezogen wird.
  • Noch klarere Strukturierung von Rollen, Zielen und Aufgaben
  • Emotionen rausnehmen: Insbesondere wenn es um harte Entscheidungen und Projekte geht, in denen viel Herzblut steckt, sei das zielführender, um den richtigen Zeitpunkt zum Ausstieg nicht zu verpassen.

Grundsätzlich gelte aber auch: "Wer keine Fehler macht, hat auch nichts ausprobiert."

3. Die Chancen des Smart-Meter-Rollouts

Die Preisobergrenze für intelligente Messsysteme lasse aktuell wieder Wirtschaftlichkeit zu, so Creeten. "Bei 124 Euro an Messentgelten und Kosten von 90 Euro ist das schon ein bisschen Spread drin", führte sie aus. In Düren sei man 2021 mit dem Ausbau gestartet. "Wir bauen kontinuierlich ein, werden besser und auch leaner, verstehen das Thema aber als Geschäftsmodell", verdeutlichte sie.

Durch den Einbau der intelligenten Messsysteme bleibe man Ansprechpartner des Kunden und sichere sich künftige Vertriebspotenziale, etwa mit Blick auf dynamische Tarife. "Ich möchte, dass die Branche Smart Meter wieder als Chance gesehen wird", appellierte sie. Grundzuständige Messstellenbetreiber dürften auch untereinander kooperieren. Aufgrund der fehlenden kritischen Größe haben die Stadtwerke Düren ganz bewusst gewisse Dienstleistungen an andere Netzbetreiber outgesourct.

Creetens Fazit: "Einfach anfangen. Die Lernkurve beim Smart-Meter-Ausbau ist anfangs flach, wird dann aber schnell steiler und auch wirtschaftlich."

4. Kalte Nahwärme

Gute Erfahrungen bei der Suche nach neuen Geschäftsmodellen rund um die Wärmewende haben die Stadtwerke Soltau in der Lüneburger Heide mit dem Thema kalte Nahwärme gemacht. "Das Kundeninteresse ist sehr hoch, aus Ertragssicht eines Stadtwerks ist das hoch attraktiv", verdeutlichte Geschäftsführer Daniel Töpfer.

Diese Form der Wärmeversorgung eignet sich aber nur für Neubaugebiete, in dem Gebiet dürften aber keine weiteren fossilen Wärmequellen eingeplant werden. Die Stadtwerke liefern im Winter die Wärme, im Sommer Kälte. Da die Wärmepumpen dem Kommunalversorger gehören, profitiert auch der Stromvertrieb.

5. Nicht auf jeden Trend aufspringen: Beispiel Tiefengeothermie

Die Stadt Soltau in der Lüneburger Heide bietet geologisch gute Voraussetzungen für die Nutzung von Tiefengeothermie, es gibt bereits Bohrlöcher von früheren Bohrungen, die Akzeptanz in der Bevölkerung ist hoch. Nach zwei Jahren intensiver Beschäftigung mit dem Thema und einer Machbarkeitsstudie haben sich die Stadtwerke dennoch entschieden, das Projekt nicht weiter zu verfolgen.

"Tiefengeothermie funktioniert dann, wenn man ein Bohrloch hat, dass in unmittelbarer Nähe eines Versorgungsgebiets liegt, sonst wird der Netzausbau zu teuer", resümiert Stadtwerke-Geschäftsführer Daniel Töpfer. Zudem gebe hohe Fündigkeits- und Haftungsrisiken. "Der Aufwand und die Risiken sind uns zu hoch, deshalb legen wir den Fokus lieber auf kalte Nahwärme", so der Geschäftsführer.

6. PV im Mietkaufmodell

Die Stadtwerke Soltau sind seit einigen Jahren erfolgreich im Contracting von PV-Anlagen tätig. Da dieses Projektgeschäft zeit- und beratungsintensiv ist, werden die erforderlichen Prozesse rund um Abrechnung, Dokumentation dieses Geschäftsmodells mit einem hohen Grad an Automatisierung flankiert und so die Effizienz und die Skalierbarkeit gesteigert.

Eine Drohne überfliegt die Immobilien und zeigt auf, wie viele Module, Kabelstränge erforderlich sind und wo der Wechselrichter hinkommt. Zudem gebe es über eine digitale Plattform eine hohe Verzahnung mit den ausführenden Firmen. E-Mails und Schriftverkehr fallen weg, der jeweilige, aktuelle Projektstatus ist für alle Beteiligten jederzeit einsehbar.

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