"Unzulässige und unseriöse Verkürzung": Gasnetzbetreiber sind irritiert von Verbandsanalyse

Von Pauline Faust

Mit einer Analyse irritiert der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) derzeit einige Gasnetzbetreiber. Der Verband, in dem neben Erneuerbaren Energien-Startups auch die Trianel Mitglied ist, hat erhoben, welche Renditen Netzbetreiber mit dem Geschäft einfahren. Mit der Veröffentlichung hat es der BNE immerhin auf Spiegel-Online geschafft, dort hieß es im Titel "Gasnetzbetreiber erzielen Traumrenditen auf Kosten der Verbraucher".

Für die Analyse hat der BNE die Bilanzen von 19 Gasnetzbetreibern ausgewertet, die rund 45 Prozent des deutschen Gasmarktes repräsentieren. Im Jahr 2023 verzeichneten diese Unternehmen demnach eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von 22 Prozent mit Maximalwerten von 50 Prozent, schreibt der Verband in seiner Pressemitteilung. "Damit liegen die erzielten Gewinne seit Jahren deutlich über den von der Bundesnetzagentur festgelegten kalkulatorischen Renditen von 3,5 bis 7,5  Prozent", heißt es weiter.

Diese Aussage ist falsch, denn die Bundesnetzagentur, die jährlich die Angemessenheit der Netzentgelte überprüft, zieht eine andere kalkulatorische Berechnung heran. Auf Anfrage erklärte der BNE dazu, dass er die Renditen nicht gleichsetzt, vielmehr vergleiche: "Indem wir die tatsächlich erzielten Eigenkapitalrenditen den von der Bundesnetzagentur festgelegten kalkulatorischen Renditen gegenüberstellen, lässt sich objektiv erkennen, ob die Unternehmen im Rahmen des regulatorischen Zielkorridors wirtschaften oder systematisch höhere (oder niedrigere) Gewinne erzielen. So wird transparent, wo die Regulierung die tatsächliche Gewinnsituation nicht vollständig widerspiegelt." Zudem erklärte der BNE:  "Wir machen den Netzbetreibern keinerlei Vorwürfe, die festgelegten Renditen nicht einzuhalten."

Netzbetreiber: "Handelsrechtliche Eigenkapitalrendite nicht geeignet"

Der BNE hat die Eigenkapitalrendite zum Vergleich herangezogen, also die im Handelsregister für die Gasnetzsparte angegebene Bilanzsumme durch das Eigenkapital gerechnet. Alle von der ZfK dazu befragten Netzbetreiber erklärten, dass damit keine Aussage über die tatsächliche Wirtschaftlichkeit zu treffen sei.

Die handelsrechtliche Eigenkapitalrendite einzelner Jahre ist laut den Gasnetzbetreibern also nicht geeignet, um Rückschlüsse auf die tatsächlich erwirtschaften Eigenkapitalrenditen der Unternehmen zu ziehen. "Stattdessen muss bei einer Bewertung im regulierten Geschäft die Rendite über die gesamte Nutzungsdauer der Anlagen und Netzkomponenten betrachtet werden, die in der Regel bei über 40 Jahren liegt", erklären etwa die Hansewerke, die mit ihrem Netzbetreiber Schleswig-Holstein Netz in der Kritik des BNE stehen.

"[Das] stellt eine unzulässige und unseriöse Verkürzung der Fakten dar." - Sprecher der Hansewerke

Vor allem Sondereffekte blieben bei der BNE-Betrachtung völlig unberücksichtigt. Ein Sprecher der Hansewerke erklärt: "Das Herausziehen einzelner oder weniger handelsrechtlicher Jahresrenditen, wie der BNE es macht, spiegelt also nicht die tatsächliche Ertragslage eines Gasnetzbetreibers wider, sondern stellt eine unzulässige und unseriöse Verkürzung der Fakten dar."

Beim BNE sieht man dies kritisch: "Wir haben Zweifel, dass aufgeführte Sondereffekte fünf Jahre in Folge bei sämtlichen 19 Netzbetreibern auftreten können und dann ausschlaggebend sind", erklärte der Verband auf Rückfrager der ZfK.

Beispielrechnung der Hamburger Energienetze

Wie wenig aussagekräftig der Vergleich der Jahreswerte ist, rechnen die Hamburger Energienetze vor. Im Wesentlichen hätten bei Gasnetz Hamburg in den beiden Jahren 2022 und 2023 Marktwertschwankungen beim Deckungsvermögen für Pensionsverpflichtungen zu Sondereffekten geführt. 

Diese temporären Sondereffekte, die sich in allen Jahresergebnissen nach Handelsrecht gezeigt haben, fielen für 2023 besonders stark aus. Im Jahr 2022 hatte Gasnetz Hamburg nach gleicher Berechnung eine Rendite von -0,3 Prozent. Diese hat ebenso wenig Aussagekraft wie die Rendite von fast 55 Prozent, die der BNE für das Unternehmen im Jahr 2023 errechnet.

Wie unterschiedlich die von der Regulierungsbehörde geprüfte Rendite zur handelsrechtlichen Rendite ist, zeigen die von verschiedenen Gasnetzbetreibern übermittelten Werte. Bei Wesernetz liegt die Eigenkapitalrendite laut BNE für 2023 bei: 49,72 Prozent. Laut Unternehmen lag die behördliche Rendite ab 2023 bei 5,07 Prozent.

Bei Schleswig-Holstein Netz wird eine Gewinnrendite von 38,86 Prozent errechnet, laut Unternehmen liegt die behördliche Vergleichsgröße im Mittel über die Jahre bei 5,5 Prozent. Diese Werte sind somit unter der kalkulatorischen Rendite von 3,5 bis 7,5 Prozent, welche die BNetzA verlangt.

Die erlaubte Rendite für Gasnetzbetreiber in Deutschland ist die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung, die von der Bundesnetzagentur (BNetzA) festgelegt wird und je nach Anlagentyp variiert.

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