Smart-Meter-Rollout: Warum die Quote in die Irre führt
Von Stephanie Gust
Die offiziellen Quoten zum Smart-Meter-Rollout lassen den Eindruck entstehen, dass Deutschland hier nur schleppend vorankommt. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden im ersten Quartal 2025 rund 700.000 intelligente Messsysteme im Rahmen des Pflichtrollouts bundesweit verbaut. Bei 4,63 Millionen Lokationen, die in den Pflichtrollout fallen, ergibt das eine Quote von 15,12 Prozent.
Vom Pflichtrollout betroffen sind aktuell Haushalte und Unternehmen, die mehr als 6000 Kilowattstunden Strom pro Jahr verbrauchen, Erzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung über 7 Kilowatt sowie steuerbare Verbrauchseinrichtungen nach § 14a EnWG. Erschwerend kommt hinzu: Es gibt auch viele optionale Einbaufälle, die bereits verbaut sind, aber nicht in die Quoten zum Pflichtrollout einfließen.
In Medien und sozialen Netzwerken werden die Zahlen der Bundesnetzagentur gern genutzt, um den grundzuständigen Messstellenbetreibern mangelndes Tempo vorzuwerfen. Schnell ist vom "Stillstand beim Rollout" die Rede. Netze BW, größter Verteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg, hält diese Sichtweise für irreführend. "Aus den veröffentlichten Quoten lässt sich kein verlässlicher Rückschluss auf die Geschwindigkeit des Rollouts ziehen", sagt Steffen Ringwald, Geschäftsführer bei Netze BW. Obwohl die Netze BW bereits knapp 200.000 Intelligente Messsysteme verbaut hat, würden viele Einbaufälle im offiziellen Monitoring gar nicht berücksichtigt.
Was die Quote nicht berücksichtigt
So gebe es zahlreiche Fälle, die anfangs ein Pflichtfall beim Einbau waren, inzwischen aber nicht mehr. Oliver Pfeifer, Manager Strategien und Grundsatzfragen Messstellenbetrieb bei Netze BW erklärt: "Viele Kunden lagen zum Einbauzeitpunkt über der Verbrauchsgrenze, haben später aber durch Verbrauchssenkung die Pflichtkategorie verlassen. Im Monitoring erscheinen sie dann als optional. Manche haben mittlerweile PV-Anlagen zugebaut und werden jetzt in einer anderen Quote gemessen. Das verzerrt das Bild."
Auch §-14a-Anlagen ohne Steuerbox bleiben außen vor. Netze BW verbaut bei steuerbaren Verbrauchern – darunter Wärmepumpen, Wallboxen und Nachtspeicherheizungen – bereits intelligente Messsysteme, um später die Steuerboxen nachzurüsten. "Das Gesetz erlaubt einen agilen Rollout mit intelligentem Messsystem ohne Steuerung. In die Quote gehen aber nur Fälle mit Steuerbox ein", verdeutlicht Pfeifer das Dilemma.
Hinzu kommen Erzeugungsanlagen. Photovoltaik-, KWK- oder andere EEG-Anlagen mit mehr als sieben Kilowatt installierter Leistung müssen mit einem intelligenten Messsystem samt Steuerbox ausgestattet werden. In Baden-Württemberg gibt es hohe Zubauzahlen für PV-Anlagen aufgrund der für Neubauten und Dachsanierungen geltenden Solarpflicht. "Das bedeutet, dass wir neue Anlagen von Beginn an mit intelligenten Messsystemen ausstatten. Zwei Drittel unserer aktuellen Einbauten betreffen PV-Anlagen – sie zählen in der aktuell veröffentlichten Quote seit der letzten MsbG-Novelle nicht mehr mit", erklärt Pfeifer.
Optionale Einbauten
Neben den Pflichtfällen hat Netze BW auch eine fünfstellige Zahl an intelligenten Messsystemen installiert, die nicht in die Quote eingehen. Dazu zählen optionale Einbauten bei Verbrauchern mit weniger als 6000 Kilowattstunden Jahresverbrauch oder bei kleinen Photovoltaikanlagen.
"Wir haben zum Beispiel fünf Pilotgemeinden, in denen wir Breitband-Powerline als Übertragungstechnologie testen. Damit die Systeme dort stabil laufen, haben wir auch optionale Einbaufälle mit ausgestattet", sagt Pfeifer. Weitere Einbauten ergeben sich, wenn in Mehrfamilienhäusern mehrere Zähler vorhanden sind. Liegt ein Pflichtfall vor, wird häufig gleich der zweite oder dritte Zähler mit auf das intelligente Messsystem gehoben – meistens ebenfalls optionale Einbaufälle.
Auch der Kundenwunsch spielt eine Rolle: Rund 3000 intelligente Messsysteme hat Netze BW auf ausdrückliche Anfrage installiert. "Für uns ist das ein wichtiger Teil der Praxiserfahrung. So können wir früh lernen, wie die Systeme in unterschiedlichen Anwendungsszenarien funktionieren", erklärt Pfeifer.
Zusammenfassend werden 70 Prozent der von Netze BW aktuell verbauten intelligenten Messsysteme nicht von der Quote erfasst.
Stückzahlen und Status
Der Verteilnetzbetreiber betreut insgesamt rund 2,5 Millionen Messlokationen. 900.000 moderne Messeinrichtungen sind bereits installiert, knapp 200.000 intelligente Messsysteme laufen im Feld. Monatlich kommen bis zu 10.000 hinzu. Für 2025 plant Netze BW 100.000 neue Systeme. "Wir sind mitten in der Skalierung und zuversichtlich, die 20-Prozent-Quote zu erreichen", sagt Pfeifer.
"Nur auf die Quote zu schauen ist einfach zu kurz gesprungen, weil ganz viele Einbaufälle, die heute stattfinden, darin gar nicht berücksichtigt werden. Damit taugt die Quote nicht als Gradmesser, ob der Rollout gut oder schlecht läuft", so Pfeifer. Ihn ärgert auch das Bashing zulasten der grundzuständigen Messstellenbetreiber: "Wir werden schlechter geredet, als wir sind. Tatsächlich bringen die grundzuständigen Messstellenbetreiber große Stückzahlen auf die Straße, wenn die Prozesse einmal laufen."
Häufige Gesetzesnovellen und Formatumstellungen träfen alle Messstellenbetreiber gleichermaßen und verhinderten, dass sich der Rollout in einem stabilen Zustand einpendeln könne. Hinzu komme, dass viele Unternehmen parallel die Migration von SAP IS-U auf S/4HANA stemmen müssten. "Beständigkeit und Planungssicherheit sind entscheidend, sonst bremst die Regulierung die Skalierung", so Pfeifer.
Warum die Quote nicht das ganze Bild zeigt
Die offiziellen Quoten der Bundesnetzagentur bilden den tatsächlichen Stand des Rollouts nur eingeschränkt ab. Mehrere Fälle werden nicht berücksichtigt:
- Pflichtfälle, die später herausfallen
- §14a-Fälle ohne Steuerbox
- PV-Anlagen
- Optionale Einbauten


