Von Stephanie Gust
Derzeit steht wieder eine Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes an. Der Kabinettsentwurf liegt vor, die parlamentarische Beratung steht noch aus. Folgende Neuerungen sind unter anderem aktuell geplant: Nach § 41 MsbG sollen grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSB) künftig ihre Rollout-Quoten gemeinsam erfüllen können.
In § 5 MsbG ist eine zweijährige Haltefrist vorgesehen: Sobald ein intelligentes Messsystem eingebaut ist, darf der Messstellenbetreiber für zwei Jahre nicht gewechselt werden. Zudem sieht der Entwurf vor, dass Messwerte künftig nahezu in Echtzeit bereitgestellt werden müssen. Wir haben bei Metrify, wettbewerblicher Messstellenbetreiber mit über 60.000 verbauten intelligenten Messsystemen, nachgefragt, wie die Novelle ankommt.
Kritik an Haltefrist und Live-Daten
"Mitten im laufenden Rollout die Anforderung einzuführen, Messwerte binnen 15 Minuten, also quasi live, bereitstellen zu müssen, würde enorme Mehrkosten verursachen", warnt Bela Schramm, Geschäftsführer von Metrify. Die bisherige IT-Infrastruktur im Messwesen ist auf Abrechnungsprozesse ausgelegt: Verbrauchsdaten müssen am Folgetag bis 11 Uhr bereitgestellt werden. Eine Umstellung auf nahezu Echtzeit würde erhebliche Systemanpassungen erfordern.
"Das hieße, dass mehr als 800 Verteilnetz- und Messstellenbetreiber eigene Strukturen aufbauen müssten – obwohl mit dem MaBis-Hub der Bundesnetzagentur ohnehin ein zentraler Datenknoten geplant ist", erklärt Schramm. Zusätzliche Investitionen in parallele Systeme würden den Rollout unnötig verteuern und gleichzeitig verlangsamen. Wim Drozak, ebenfalls Geschäftsführer bei Metrify, ergänzt: "Jetzt ist nicht die Zeit für mehr Komplexität, sondern für pragmatische Lösungen."
Kooperationen nur für grundzuständige Messstellenbetreiber möglich
Nachbesserungsbedarf sieht der wettbewerbliche Messstellenbetreiber auch beim Thema Kooperationen. Der Entwurf sieht vor, dass Kooperationsmöglichkeiten allein für grundzuständige Messstellenbetreiber gelten. Nach § 41 MsbG sollen diese ihre Quoten künftig gemeinsam erfüllen können. Das hätte zum Beispiel Vorteile, wenn ein Messstellenbetreiber die Anforderungen über- und ein anderer untererfüllt.
"Warum diese Möglichkeit nicht auch für Kooperationen zwischen grundzuständigen und wettbewerblichen Messstellenbetreibern gilt, ist schwer nachvollziehbar", sagt Schramm. Schließlich verbauten wettbewerbliche Messstellenbetreiber längst intelligente Messsysteme in den Netzen der grundzuständigen – für die gesetzliche Quote zählten diese aber bislang nicht.
"Wir setzen uns dafür ein, dass auch gesetzliche und wettbewerbliche Messstellenbetreiber Kooperationen schließen dürfen, wonach die intelligenten Messsysteme der wettbewerbliche im Netzgebiet des grundzuständigen Messstellenbetreibers mit in dessen Quote einfließen – so können Kräfte sinnvoll gebündelt werden."
Haltefrist als Wettbewerbsbremse
Ein weiterer Streitpunkt ist die geplante Haltefrist in § 5 MsbG. Demnach soll ein Wechsel des Messstellenbetreibers für zwei Jahre ausgeschlossen sein, sobald ein intelligentes Messsystem verbaut ist. Für Wim Drozak greift diese Regelung zu kurz: "Die Installation ist nur die halbe Miete. Entscheidend ist der zuverlässige Betrieb im Alltag." Wenn Prozesse wie Marktkommunikation oder Datenübermittlung nicht funktionierten, müsse ein Wechsel möglich bleiben. "Wer wechseln will, hat dafür in der Regel gute Gründe. Diese Option darf man nicht zwei Jahre lang blockieren."
Fortschritte im Entwurf
Positiv bewertet Metrify dagegen zwei andere Elemente des Kabinettsentwurfs. Zum einen wurde die im Referentenentwurf vorgesehene Pönale von einem Euro pro nicht übermitteltem Lastgangwert aus dem Gesetz gestrichen. "Das war eine nicht umsetzbare Idee. Kein System ist hundertprozentig ausfallsicher, und die zusätzliche Absicherung hätte die Kosten für den Rollout nur weiter in die Höhe getrieben", betont Drozak.
Zum anderen lobt Metrify die geplanten Vereinfachungen beim Liegenschaftsmodell: Künftig soll es einfacher möglich sein, ganze Mehrfamilienhäuser mit intelligenten Messsystemen auszustatten, ohne gleichzeitig weitere Sparten wie Gas oder Wasser einbeziehen zu müssen. "Das senkt die Einstiegshürden erheblich und eröffnet uns den Zugang zu einem Segment mit großem Potenzial", sagt Schramm.
Partner für Stadtwerke
Vor diesem Hintergrund positioniert sich Metrify als Partner, der den Rollout pragmatisch beschleunigen will und für Stadtwerke, die Wohnungswirtschaft und weitere Zielgruppen im B2B-Bereich alle nötigen Prozesse für die Installation und den Betrieb von intelligenten Messsystemen übernimmt. Das Unternehmen ist im Sommer 2025 als hundertprozentige Tochter aus Enpal hervorgegangen und betreibt inzwischen mehr als 60.000 intelligente Messsysteme. Anders als der Mutterkonzern versteht sich Metrify als neutraler, bundesweiter Messstellenbetreiber – mit besonderem Fokus auf Stadtwerke.
"Gerade kleine und mittlere Versorger stehen unter Druck, ihre Quoten zu erfüllen. Wir können innerhalb weniger Wochen helfen, die Vorgaben zu erreichen", erklärt Drozak. Mit steigender Nachfrage im Markt will Metrify künftig auch Lösungen für Mehrfamilienhäuser und Mieterstromkonzepte anbieten.
Erste Pilotprojekte gestartet
Es laufen bereits erste Piloprojekte mit Stadtwerken. Metrify unterscheidet dabei drei Gruppen von Versorgern:
- Kleine Stadtwerke, die schlichtweg keine Ressourcen für den Rollout bereitstellen können. "Für sie übernehmen wir die komplexen Prozesse im Hintergrund, sodass sie ihre Kunden behalten und dennoch die Quoten erreichen", so Drozak.
- Mittlere und größere Stadtwerke, die zwar bereits Installationen vorangetrieben haben, aber an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, wenn es um die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen geht. "Ab 15 bis 20 Prozent Einbauquote steigt die Komplexität deutlich. Ohne digitale Unterstützung wird es schnell teuer", erklärt Drozak.
- Stadtwerke mit vertrieblichen Ambitionen, die überregional neue Geschäftsmodelle wie dynamische Tarife oder dezentrale Anlagen – wie PV-Anlagen und Wärmepumpen – anbieten wollen. Hier ermöglicht Metrify nach eigenen Angaben, dass diese Produkte auch jenseits des eigenen Netzgebiets umgesetzt werden können.
"Wir merken, dass das Interesse groß ist und unser Angebot gut angenommen wird", sagt Schramm. Das Ziel: Quoten für grundzuständige Messstellenbetreiber in wenigen Monaten erfüllen und zugleich die Basis für weitere Geschäftsmodelle im Stadtwerk legen.
Neuaufstellung: organisatorisch und personell
Um diesen Anspruch einzulösen, hat sich das Unternehmen neu aufgestellt – organisatorisch wie personell. Mit der Ausgründung aus Enpal ist der Messstellenbetrieb in eine eigenständige Gesellschaft überführt worden, die insbesondere im B2B-Bereich aktiv ist: unter anderem bei Stadtwerken, der Wohnungswirtschaft oder Netzbetreibern. Dafür hat das Unternehmen sein Management nochmal verstärkt.
Neben den Geschäftsführern Wim Drozak und Bela Schramm gehören heute weitere erfahrene Branchenköpfe zum Führungsteam. So ist Tina Hadler, die zuvor bei Theben Smart Energy den Vertrieb für Smart-Meter-Gateways verantwortete, seit diesem Jahr an Bord. Auch Georg Geiser, der bereits bei Enpal am Rollout mitarbeitete und zuletzt bei SpotmyEnergy tätig war, unterstützt das Team. Ergänzt wird die Spitze durch den Technologie-Experten Markus Dötsch, der auf 15 Jahre Erfahrung in CTO-Rollen zurückblickt und nun die Plattform- und Systemstrategie von Metrify weiterentwickeln soll.
"Das ist ein klares Signal in den Markt, dass wir langfristig investieren und uns als Partner für den Rollout breit aufstellen. Mit unserem neuen Management kombinieren wir langjährige Branchenerfahrung mit weitreichender technologischer Expertise, um Stadtwerken den Übergang in die digitale Energiewelt zu erleichtern", sagt Schramm.
Für die beiden Geschäftsführer ist klar, dass der Rollout nicht länger als Dauerproblem wahrgenommen werden kann. Drozak sagt: "Wir sollten aufhören, nur über Schwierigkeiten zu reden. Entscheidend ist, jetzt ins Handeln zu kommen. Fakt ist: Es gibt keine unüberwindbaren Hindernisse mehr für einen skalierbaren und zügigen Smart-Meter-Rollout, und wir sind bereit, nun endlich mehr Geschwindigkeit in den Markt zu bringen. Die Politik darf nun nicht den Fehler machen, den Rollout erneut durch eine Schwächung des Wettbewerbs auszubremsen. Wir sollten uns jetzt auf die Umsetzung des Mess- und Steuerrollouts konzentrieren", ergänzt Schramm.


