Quoten, Hürden und Konnektivität: Die Rollout-Realität in Grafiken
Von Stephanie Gust
Der Smart-Meter-Rollout kommt voran – doch zwischen ambitionierten Ausbauplänen und alltäglichen Hürden liegt eine große Spannbreite. 44 Marktakteure haben der ZfK Einblick in ihre Realität gegeben. Ihre Antworten zeigen: Während viele die 20-Prozent-Quote bis Ende 2025 schaffen wollen, bremsen Konnektivität, rechtliche Unsicherheit und komplexe Prozesse den Fortschritt.
Insgesamt haben 31 grundzuständige, fünf wettbewerbliche Messstellenbetreibern und acht GWA-Anbieter sich zum Status-Quo und den Zielen ihres jeweiligen Smart-Meter-Rollouts geäußert.
Die Teilnehmer
Bei den grundzuständigen Messstellenbetreibern ergibt sich ein sehr ausgewogenes Bild von kleinen bis hin zu ganz großen Messstellenbetreibern. Von den 31 Grundzuständigen kommen die Teilnehmer aus ganz Deutschland.
Bei den wettbewerblichen Messstellenbetreibern antworteten Inexogy Smart Metering mit über 100.000 bereits verbauten intelligenten Messsystemen. Bis Ende 2026 plant die Techem-Tochter 220.000 Smart Meter zu verbauen. An zweiter Stelle folgt die Enpal Tochter Metrify Smart Metering mit >60.000 verbauten Geräten, die bis Ende 2026 auf 196.000 Stück anwachsen sollen. Die Enpal-Tochter betont, dass man zu dieser Anzahl nur intelligente Messsysteme nach TR-03109 und vom BSI zertifiziert zähle. Bis Ende 2026 soll die Menge auf 196.000 Stück wachsen.
Energy Metering Germany, Tochter von Octopus Energy, plant bis Ende 2026 100.000 intelligente Messsysteme zu installieren. Solandeo mit 13.500 aktuell ausgerollten Geräten will bis Ende 2026 53.000 Stück schaffen, und Spotmyenergy plant eine Steigerung von 2000 aktuell verbauten intelligenten Messsystemen auf 15.000 Stück.
Hinweis: Es konnte nicht verifiziert werden, ob alle Unternehmen die tatsächlichen Installationen mit quotenrelevanten intelligenten Messsystemen zurückgemeldet haben.
Ebenfalls interessante Einblicke liefern die Dienstleister für die Gateway-Adminstration: Gwadriga hat derzeit für seine Kunden etwa 200.000 intelligente Messsysteme installiert, bis Ende 2026 sollen es 500.000 werden, bis zum Ende des Rollouts 2032 sogar 3,5 Millionen Stück. Zur besseren Übersicht sind die Teilnehmer in einer Tabelle aufgelistet.
| Unternehmensname | Wie viele intelligente Messsysteme haben Sie für Ihre Kunden schon ausgerollt? | Wie viele verbaute intelligente Messsysteme sollen es bis Ende 2026 werden? | In welchen Bundesländern ist Ihr Unternehmen vor allem tätig? | Wie viele intelligente Messsysteme planen Sie für Ihre Kunden bis 2032 insgesamt auszurollen? (90 Prozent Zielvorgabe) |
| Gwadriga GmbH & Co. KG | ca. 200.000 | 500.000 | bundesweit | ca. 3.500.000 |
| Schleupen SE | 30.000 | 180.000 | bundesweit | 590.000 |
| Thüga SmartService GmbH | 53.000 | 100.000 | bundesweit | 600.000 |
| Smartoptimo GmbH & Co. KG | 60.000 | 185.000 | NRW, Niedersachsen mit direkten Montagen und im smartOPTIMO- Netzwerk zusätzlich in Niedersachsen, Bayern, MVP, Hessen | 1.200.000 |
| TMZ Thüringer Mess- und Zählerwesen Service GmbH | 57.000 | 160.000 | bundesweit mit Fokus Thüringen | 633.000 |
| Hausheld AG | 116.000 | 250.000 | bundesweit Arealnetze, Voll-Rollouts in Niedersachsen, Saarland, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Würtemberg | 2,1 Millionen iMSys |
| Arvato Systems | > 100.000 | Wir sind kein MSB, deshalb keine Aussage im Sinne der Fragestellung möglich. | bundesweit | Wir sind kein MSB, deshalb keine Aussage im Sinne der Fragestellung möglich. |
| Neugemacht GmbH | 3 | 35 | deutschlandweit | 450.000 |
Hemmnisse und Hürden
Die Herausforderungen des Rollouts fallen je nach Akteursgruppe unterschiedlich aus. Zusammenfassend kann gesagt werden: Die Datenübertragung gilt für alle drei Gruppen als sehr hemmend beim Rollout intelligenter Messsysteme. Bei den wettbewerblichen Messstellenbetreibern wird allerdings auch die Zusammenarbeit mit dem zuständigen Messstellenbetreiber oftmals als schwierig empfunden.
Wünsche an die Politik
Fast die Hälfte der Teilnehmer bei den grundzuständigen Messstellenbetreibern hatte außerdem noch Anmerkungen zum aktuellen Smart-Meter- beziehungsweise Steuerrollout. Viele gaben an, dass die Quoten für den Steuerboxrollout nicht zu erreichen sind. Konkret äußerte ein Teilnehmer den Wunsch: "Hier ist eine Anpassung und damit Rechtssicherheit dringend geboten. Zudem sollten die Unternehmen mehr Freiheiten und (auch hier) Rechtssicherheit bei der Priorisierung der verschiedenen Bereiche der Umsetzung des Rollouts bekommen. Nur so ist effizientes und wirtschaftliches Handeln im Sinne der Energiewende möglich."
Ein anderer äußerte, dass gesetzliche Änderungen mehr durch praxisnahe Beteiligte entschieden werden sollten, da viele Ziele unrealistisch ausfallen würden. Ein weiterer Teilnehmer sprach davon, dass Wunsch und Realität sehr weit auseinanderliegen. Gefragt wird zudem, wer die Kosten der TAF10-Datenübertragung – also den Abruf von echtzeitnahen Netzzustandsdaten für den sicheren Betrieb von Energieversorgungsnetzen – trage und wie dies die Kommunikationsanbieter überhaupt ermöglichen sollen?
Als ärgerlich wurde auch empfunden, dass die aktuelle Quotenermittlung einen deutlich langsameren Rollout suggeriert, als tatsächlich vorhanden. So zähle etwa in der Quote kein intelligentes Messsystem dazu, wenn es in einer 14a-EnWG-Anlage verbaut ist und die Steuerungstechnik noch fehlt. Mehr zu den irreführenden Quoten-Regelungen lesen Sie außerdem hier.
Debatte um Smart Meter light
Andere gaben an, dass die Diskussionen über Smart Meter light nicht zielführend sei, weil sie keinen Zeitvorteil mit sich bringen. Ein anderer hingegen plädierte für einen Systemwechsel: "Öffnung der Fernauslesung für weitere Optionen neben dem intelligenten Messsystem (analog Simplify Smart Metering Initiative). Darüber hinaus sollte auch die Art und Weise der Steuerung von flexiblen Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen überdacht werden. Hier gibt es im europäischen Ausland gute Beispiele, wie man ohne immense Infrastrukturinvestitionen den Weg für Flexibilität frei macht, ohne, dass diese sich netzschädigend verhalten."
Digital first beim Steuern
Beim Steuern schlägt ein Befragter vor, nach digital first zu handeln, sprich, auf die EEBUS-Schnittstelle zu setzen. Auch sollte die Komplexität aus dem Gesamtsystem reduziert werden, in dem TAFs verringert und Marktrollen entschlackt werden.
Ein weiterer Appell: "Wir brauchen Kontinuität in der Gesetzgebung, das heißt politische und rechtliche Vorgaben sollten sich nicht ständig ändern." Ärgerlich wird aktuell in der Branche die Diskussion um die vom Bundeswirtschaftsministerium ins Spiel gebrachte Verantwortlichkeit des Verteilnetzbetreibers für verpflichtenden Smart-Meter-Rollout aufgenommen.
Drei Szenarien für neue Verantwortlichkeit der Verteilnetzbetreiber
In Branchenkreisen werden derzeit drei mögliche Szenarien diskutiert, sollte die Verantwortung für den Smart-Meter-Rollout tatsächlich vom grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB) auf den Verteilnetzbetreiber (VNB) übergehen:
1. Rückkehr ins regulierte Netzgeschäft
Die Variante mit den größten Auswirkungen wäre, wenn die Rolle des Messstellenbetreibers komplett in den Verteilnetzbetrieb integriert wird. Weder grundzuständiger noch wettbewerbliche Messstellenbetreiber hätten dann eine eigenständige Funktion. Dieser Schritt wird in der Branche kritisch gesehen, da damit Wettbewerb und die neutrale Marktrolle des Messstellenbetriebs verloren gingen. Zudem würde eine solche grundlegende Umstellung viel Zeit und Ressourcen binden.
2. Mischmodell mit VNB-Verantwortung
Als Mittelweg gilt die Überlegung, den grundzuständigen Messstellenbetrieb aufzulösen und den Messstellenbetrieb direkt beim Verteilnetzbetreiber anzusiedeln, während die wettbewerblichen Messstellenbetreiber weiterhin bestehen bleiben. Damit wäre Wettbewerb zumindest teilweise gesichert. Offene Fragen gibt es allerdings zur regulatorischen Ausgestaltung und zur praktischen Umsetzbarkeit.
3. Beibehaltung der Marktrollen, aber mehr Einfluss für die Verteilnetzbetreiber
Am wenigsten Veränderung würde es bedeuten, die bestehenden Rollen von grundzuständigen und wettbewerblichen Messstellenbetreiber beizubehalten, den Verteilnetzbetreiber aber stärker in den Steuerungs-Rollout einzubeziehen. Branchenkenner verweisen darauf, dass Verteilnetzbetreiber in Hotspot-Regionen mit starkem PV-Zubau andere Prioritäten haben als bei §14a-Anlagen. Flexiblere Vorgaben könnten helfen, Systemnutzen besser zu heben, ohne das Marktmodell grundsätzlich infrage zu stellen.
Darüber hinaus gibt es Stimmen, die den Hinweis im Zehn-Punkte-Plan für einen redaktionellen Lapsus halten und bezweifeln, dass tatsächlich eine so grundlegende Neuausrichtung beabsichtigt ist. Bis zur Konkretisierung aus dem Ministerium bleibt der Optionsraum daher offen – von einer Rückkehr ins regulierte Netzgeschäft bis hin zu punktuellen Anpassungen.
Wünsche der wettbwerblichen Messstellenbetreiber
Ein wettbewerblicher Messstellenbetreiber merkte an, dass er zwar steuer-ready sei, aber durch die regulatorischen Unsicherheit und die fehlende Aussagekraft der Netzbetreiber im Rollout zögere. Zudem würden die ständigen geänderten regulatorischen Vorgaben eine langfristige Planung für den Rollout schwierig machen, wodurch die Wirtschaftlichkeit leide und die Skalierung immer wieder gehemmt werde. Und weiter: "Das Thema LW24 hat die Branche in einer Weise beeinflusst, die man als geschäftsgefährdend bezeichnen kann. Leider gibt es noch immer Verteilnetzbetreiber, die deshalb nicht kommunizieren können."
Ein anderer findet, dass Registrierungs- und Aktivierungsprozesse einfach schneller werden müssten, denn: "Die Komplexität unserer Produkte ist bedingt durch ewige Wartezeiten bei der Registrierung des intelligenten Messsystems durch den Verteilnetzbetreiber und die anschließenden Probleme mit der Aktivierung von Modul 1 und 3."
Ein weiterer Wettbewerblicher bittet eindringlich darum, den Rollout intelligenter Messsysteme und Steuerboxen die nächsten zwei Jahre laufen zu lassen und nicht weiter mit Regulatorik zu überfordern. Das Bereitstellen von Verbrauchsinformationen online für Kunden via App sei zwar an sich gut und richtig, mit erst drei Prozent der intelligenten Messsysteme am gesamten Rollout deutlich zu früh.
Wünsche der Dienstleister
Die befragten GWA-Dienstleister weisen darauf hin, dass das Thema CLS auf der Seite der Steuerbefehle – wer schaltet was, wann – noch mit vielen Fragezeichen behaftet sei. "Das bremst die Wirksamkeit des eigentlich guten Konzeptes aus." Ein anderer fordert, die Reduktion von Komplexitäten über den Gesamtprozess hinweg: Das würde den Rollout deutlich fördern. Und ein Anbieter hat sogar Lob parat: "Der Rollout hat in der Breite begonnen und nimmt an Fahrt auf. Wir sollten gemeinsam das Tempo beibehalten", so sein Appell.
20-Prozent-Rolloutquote
Und wie lauten die Prognosen der grundzuständigen Messstellenbetreiber, die 20 Prozent Rollout-Quote bis Ende 2025 zu schaffen? Sie sind erstaunlich gut. Bis auf einen Teilnehmer (3 Prozent), sind alle überzeugt, die Quote zu schaffen. Letzterer hat aktuell Probleme mit seinem ERP-System.
Steuerungsrollout: Status-Quo?
Auch beim Steuerungsrollout sehen die Prognosen und der IST-Zustand gut aus. Als sonstige Gründe werden außerdem auf Seiten der grundzuständigen Messstellenbetreiber genannt: "Nicht vor SAP 4/HANA möglich" und "Implementierung der Systemlandschaft". Ein GWA-Dienstleister weist darauf hin, dass man bereits mit produktiven Steuerboxen in der Wirk-PKI arbeite. Für einen Hochlauf des Steuerungsrollouts fehle es aber noch an Stabilität in der gesamten Prozesskette. Hierfür sei unter anderem die Weiterentwicklung der Steuerungssysteme der Verteilnetzbetreiber und die Ertüchtigung der ERP-Systeme zur Inbetriebnahme bei den Energieversorgern notwendig. Während die befragten wettbewerblichen Messstellenbetreiber mehrheitlich schon steuer-ready sind und die anderen bereiten bereits ihre Tests vor.
Welche Kommunikationsanbindung setzen Sie bei Ihren intelligenten Messsystemen ein?
Mobilfunk ist bei allen Teilnehmern das Mittel der Wahl. Einige wenige setzen auf eine Ethernet-Anbindung via Kupfer oder Koax. Bei Mobilfunk überzeugen Verfügbarkeit, Kosten sowie Akzeptanz beim Kunden. Manche setzen bislang ausschließlich auf Mobilfunk, untersuchen aber weitere Konzepte. Einige geben an, mit 450-MHz-Tests starten zu wollen, zuweilen fehlt allerdings noch eine gute Netzabdeckung für diese Frequenz. Breitband-Powerline wird aufgrund seiner guten Verfügbarkeit gelobt und kommt in Kellern zum Einsatz. Bei den wettbewerblichen Messstellenbetreiber wird auffällig oft Ethernet als beste Kommunikationsanbindung genannt. Hier punktet die geringe Störquote, obwohl das Installationskonzept etwas aufwändiger ausfällt.
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