Speicher außen vor: Söder will Industrie und Rechenzentren zuerst anschließen

Wichtige Industriebetriebe und Rechenzentren sollen nach dem Willen der bayerischen Staatsregierung bei neuen Stromnetzanschlüssen Vorrang bekommen. Die Unternehmen sollten nicht teils jahrelang darauf warten müssen, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einem Spitzengespräch mit Wirtschaft und Netzbetreibern in der Staatskanzlei.

Derzeit erfolgten die Anschlüsse im sogenannten Windhundverfahren – und da seien Betreiber von Batteriespeichern oftmals schneller. Deshalb brauche es auf nationaler Ebene eine andere "Prioritätenliste", sagte Söder. Wichtige Unternehmen und Rechenzentren, die ganz entscheidend seien für das Herzstück der Digitalisierung, müssten eine "gewisse Priorisierung" erfahren.

Speicher oft schneller

Hintergrund ist eine wachsende Zahl von Großbatteriespeichern, die im Zuge der Energiewende ans Netz gehen. Sie stabilisieren kurzfristig die Stromversorgung, beanspruchen aber ebenfalls Netzanschlusskapazitäten. Branchenvertreter verweisen darauf, dass solche Speicher oft schneller zu realisieren sind als Industrieprojekte oder Rechenzentren – und deshalb im bisherigen Verfahren häufiger den Zuschlag erhalten. Industrieverbände befürchten jedoch, dass dies zu Engpässen für große Investitionen führen könnte.

Zudem betonte Söder, dass große Stromtrassen künftig nicht mehr unter der Erde, sondern überirdisch gebaut werden sollen – mit dieser Ankündigung hatte Söder mit einer jahrelangen CSU-Position gebrochen. "Die Erdverkabelungen, die beschlossen wurden, bleiben alle", versicherte Söder. Bei neuen Trassen sei die bayerische Staatsregierung aber auch offen für Freileitungen, betonte er.

Söders Vorgänger Horst Seehofer hatte darauf gedrängt, dass große Stromtrassen unterirdisch verlegt werden, um Widerstände in der Bevölkerung zu minimieren. Das ist aber deutlich teurer: Während Freileitungen im Höchstspannungsbereich im Schnitt zwei bis drei Millionen Euro pro Kilometer kosten, liegen die Kosten für Erdkabel bei rund acht bis zehn Millionen Euro pro Kilometer. Zudem gelten Freileitungen als schneller zu errichten, da aufwendige Tiefbauarbeiten entfallen.

Genehmigungsverfahren bis zu zehn Jahre

Andererseits häufen sich seit langem Klagen aus der Wirtschaft wegen eines schleppenden Netzausbaus. Laut Bundesnetzagentur dauern Genehmigungsverfahren für große Stromleitungen derzeit oft fünf bis zehn Jahre, teils auch länger. Die Staatsregierung will diese Zeit auf maximal zwei Jahre verkürzen.

Söder bekräftigte, dass der Netzausbau beschleunigt werden soll. Bayern habe bereits eine "Überholspur" für große Projekte auf den Weg gebracht. Nun müssten aber auch die Verfahren für Instandsetzungen beschleunigt werden, betonte er.

Außerdem betonten Söder und Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die Forderung nach neuen Gaskraftwerken. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) und Vertreter der Netzbetreiber begrüßten die Initiativen und Vorschläge. Der Hauptgeschäftsführer der VBW Bertram Brossardt nannte es insbesondere wichtig, dass Industrie und Rechenzentren bei neuen Anschlüssen priorisiert werden sollen. (jk mit Material der dpa)

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