Weinheim macht Wärmewende: "Transparenz ist der beste Schutz gegen Fakenews.“
Die kommunale Wärmeplanung in Weinheim steht – und sie ist von Beginn an als Mitmachprojekt gedacht. Dafür gehen die Stadtwerke Weinheim in Sachen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit neue Wege. Wie der baden-württembergische Versorger mit Überzeugungsarbeit dabei gegen Mythen und Fakenews rund um die Wärmewende kämpft, erläuterte Torsten Friedrich, Leiter der Kommunikation und Marketing, im Gespräch mit der ZfK.
Herr Friedrich, in Weinheim steht die kommunale Wärmeplanung bereits. Wie haben Sie die Einwohner bei diesem Großprojekt mitgenommen?
Die kommunale Wärmeplanung ist ein Generationenprojekt – und so haben wir und unsere Kollegen und Kolleginnen der Stadt Weinheim die Bürgerinnen und Bürger von Anfang an konsequent eingebunden. Zum einen über die klassischen Beteiligungsformate der Stadt Weinheim, also Informationsabende, Workshops und öffentliche Auslegungen. Zum anderen haben wir als Stadtwerke mit dem Wärmeportal eine eigene Plattform geschaffen, die alle wichtigen Informationen transparent und verständlich darstellt. Dort können Interessierte nicht nur Hintergründe nachlesen, sondern auch mit Tools wie dem Anschluss-Check prüfen, ob ihr Gebäude perspektivisch oder schon heute an die Fernwärme angeschlossen werden kann.
Uns war wichtig, komplexe Planungen greifbar zu machen: Mit klaren Karten, verständlichen FAQs und regelmäßigen Updates zum Ausbau. Auf diesem Weg konnten wir Vertrauen schaffen, Fragen frühzeitig beantworten und die Menschen in ihrer persönlichen Situation abholen. Denn die Wärmewende funktioniert nur, wenn alle Beteiligten – Stadt, Stadtwerke und Bürger – gemeinsam an einem Strang ziehen.
Sie haben sich zur Aufgabe gemacht, mit Fakenews rund um die Wärmewende aufzuräumen. Mit welchen Kanälen und mit welcher Ansprache sind Sie da vorgegangen?
Gerade bei einem so großen Umbau wie der Wärmewende kursieren viele Halbwahrheiten – von angeblich explodierenden Kosten bis hin zu Zweifeln an der Versorgungssicherheit. Uns war wichtig, frühzeitig Transparenz zu schaffen und diese Mythen gezielt zu entkräften. Dafür nutzen wir mehrere Ebenen: Über das Wärmeportal stellen wir faktenbasierte Informationen, Karten und FAQs bereit, die jederzeit abrufbar sind. Parallel setzen wir auf ein Zusammenspiel von klassischer Pressearbeit, Social-Media-Beiträgen, einem Podcast zum Thema Wärme und Heizen sowie persönlicher Beratung auf Informationsveranstaltungen, damit die Menschen sich auf direktem Weg informieren können. Die Ansprache ist bewusst klar und sachlich, aber auch nahbar und manchmal sogar mit einem Augenzwinkern versehen – wir holen die Leute bei ihren ganz konkreten Fragen ab, anstatt mit abstrakten Konzepten zu kommen. Und: Wir sagen offen, was wir schon wissen – und auch, wo wir noch in der Planung sind. Dieses Maß an Ehrlichkeit ist entscheidend, um Vertrauen aufzubauen und Fakenews den Nährboden zu entziehen.

Welche Rolle spielt ihr Portal dabei?
Das Wärmeportal ist für uns die zentrale Schaltstelle der Kommunikation. Dort laufen alle Informationen zusammen – von Ausbauplänen für eine mögliche Fernwärmenetzerweiterung über praktische Online-Services wie den Wärmepumpen-Check, der eine erste Einschätzung zur Eignung des Gebäudes für den Einsatz einer Wärmepumpe liefern kann. Ergänzt wird das Angebot durch Hinweise zu Sanierungsmöglichkeiten sowie aktuellen Förderprogrammen.
Das Portal macht die Wärmewende greifbar: Bürgerinnen und Bürger können jederzeit nachschauen, ob ihr Gebäude im Ausbaugebiet liegt, wie die nächsten Bauabschnitte aussehen und welche Vorteile die Fernwärme oder auch dezentrale Wärmepumpen konkret bieten. Gleichzeitig schaffen wir dort Transparenz über den Projektfortschritt, beantworten häufige Fragen und räumen mit Mythen auf.
Kurz gesagt: Das Wärmeportal ist der Ort, an dem aus einer großen, abstrakten Wärmewende ein persönliches, nachvollziehbares Angebot für die Menschen in Weinheim wird.
Für uns als Netzbetreiber dient das Wärmeportal der Nachfragebündelung. Bürgerinnen und Bürger können Ihr Interesse an einem Fernwärmeanschluss in einer Übersichtskarte bekunden. Diese Karte ist für uns die Grundlage für die nächsten Ausbauschritte. Auf diese Weise wird der Fernwärmeausbau in Weinheim von der wichtigen Infrastrukturmaßnahme durch das Wärmeportal zum Mitmachprojekt. Für uns als Netzbetreiber markierte die kommunale Wärmeplanung den Startschuss für eine noch engere Zusammenarbeit der Sparten Gas, Strom und Fernwärme – schließlich wird die Wärmewende in Weinheim nicht nur durch den Ausbau der Fernwärme, sondern auch durch den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen geprägt. So wird die kommunale Wärmeplanung aus unserer Sicht zu einer Energienetzplanung weiterentwickelt.
Warum halten Sie diese ungewöhnlichen Methoden für eine angebrachte Kommunikation von komplexen Inhalten?
Weil die Wärmewende kein theoretisches Projekt ist, sondern die Menschen direkt zu Hause betrifft. Klassische Fachsprache oder trockene Gutachten erreichen viele Bürgerinnen und Bürger nicht. Darum haben wir bewusst neue Wege gewählt: interaktive Karten, einen Podcast, leicht verständliche Videos oder auch mal ein Märchen.
Das Wärmeportal ist der Ort, an dem aus einer großen, abstrakten Wärmewende ein persönliches, nachvollziehbares Angebot für die Menschen in Weinheim wird
Diese Methoden übersetzen komplexe Planungen in alltagstaugliche Informationen. Wer wissen will, ob sein Haus angeschlossen werden kann, klickt lieber einmal im Portal als sich durch Tabellen zu arbeiten. Und wer skeptisch ist, bekommt klare Fakten statt Schlagworte.
Ungewöhnlich sind diese Ansätze vielleicht in der Energiewirtschaft – aber sie sind notwendig, um die Menschen mitzunehmen. Unser Anspruch ist, dass die Bürgerinnen und Bürger die Wärmewende verstehen, nachvollziehen und als Chance begreifen. Das Thema ist zu wichtig, um den Dialog nicht mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, aufzunehmen.
Die Wärmewende in Weinheim ist in ihrer Umsetzungsphase. Wie begleiten Sie das Vorhaben? Was sind die häufigsten Fragen?
Wir begleiten die Wärmewende kommunikativ so, wie sie auch technisch umgesetzt wird – Schritt für Schritt. Wir informieren sehr konkret über Bauabschnitte, Zeitpläne und Anschlussmöglichkeiten. Über das Wärmeportal, Presseberichte, die Sozialen Medien, unser Kundenmagazin und direkte Gespräche halten wir die Bürgerinnen und Bürger laufend auf dem aktuellen Stand.
Die häufigsten Fragen drehen sich dabei um ganz praktische Themen:
- Kann mein Gebäude überhaupt angeschlossen werden?
- Wie sieht der Stromnetzausbau aus?
- Welche Kosten entstehen und welche Förderungen gibt es?
- Wie läuft der technische Anschluss ab und wie lange dauert das?
- Ist die Versorgung zuverlässig und klimafreundlich?
Genau diese Fragen greifen wir auf und beantworten sie transparent. So schaffen wir Orientierung in einem Prozess, der für viele Haushalte eine große Veränderung bedeutet.
Die Frage nach dem grundsätzlichen Sinn der Kommunalen Wärmeplanung und unseres Ausbaus haben wir jetzt länger nicht mehr gehört. Stattdessen werden wir immer häufiger gefragt, wann es denn endlich in den anderen Stadtteilen losgeht. Das zeigt uns, dass wir hier schon viel richtig gemacht haben.
Das Interview führte Artjom Maksimenko



