Trunk: "Topmanager bei einem Stadtwerk zu sein ist eine komplexe Angelegenheit"

Matthias Trunk ist einer von 30 Mentor:innen, die im Rahmen der Initiative "CEO der Zukunft" ihre Erfahrungswerte zu Führungsqualitäten in der Kommunalwirtschaft weitergeben. Maßgebliches Augenmerk legt er auf Sparring und Mentoring sowie einen Führungsstil, der Mitarbeiter:innen Steine aus dem Weg räumt und gleichzeitig agiles Arbeiten forciert. Im Interview mit der ZfK geht er auch darauf ein, warum man die Branche insgesamt attraktiver machen muss.

Herr Trunk, was war Ihre Motivation, sich als Mentor bei dieser Initiative einzubringen? 

In erster Linie der Wunsch, junge Talente zu fördern und ihnen Mut zu machen, den eigenen Führungsstil zu entwickeln. Das ist ein wichtiges und schönes Thema. Auch ich habe einen eigenen Führungsstil, und dieser unterscheidet sich ja eigentlich immer.

CEO bei einem Stadtwerk zu sein ist eine komplexe Angelegenheit und eine wirklich anspruchsvolle Aufgabe. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsunternehmen liegt der Fokus zum einen auf Gewinnstreben – was auch so sein muss –, zum anderen müssen aber auch Daseinsvorsorgeaufgaben wahrgenommen werden; mal mehr, mal weniger. Das ist oftmals ein Spagat.

Zudem glaube ich an Sparring und Mentoring. Als jemand, der auch ausgebildeter Business Coach ist, weiß ich, dass dies etwas bewirken kann. Ich selbst habe diesbezüglich viele positive Erfahrungen gesammelt – gerade auch bei problembezogenen Anlässen. Das Programm ist deswegen so großartig, weil es nicht problembezogen, sondern chancenorientiert ist.

Welchen Stellenwert hat das Programm? 

Diese Initiative hatte viel Vorlauf, und ich bin nur einer von rund 30 Mentoren. Allein diese Zahl zeigt, wie viel Aufwand betrieben wurde: die Akquise der Beteiligten, der Beratungsunternehmen, Institute und Personalwirtschaftler ist gewaltig. Für die Energiebranche ist das einmalig.

Wie intensiv ist der Austausch zwischen den einzelnen Unternehmen bisher gewesen? 

Sehr gut. Das funktioniert bei Stadtwerken ein bisschen anders als in anderen Branchen. Obwohl wir meistens regional oder auch nur örtlich unterwegs sind, ist die Bereitschaft unter den Stadtwerken zum Austausch in Sachen Best Practice extrem hoch. Es gibt viele Themen, über die man voneinander lernen kann.

"Für die Energiebranche ist das einmalig."

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Hürden, die zum Führungsvakuum beitragen?

Der altersbedingte Abgang der aktuellen Führungskräfte ist sehr hoch. Gleichzeitig muss man die Branche auch attraktiver machen. Denn vermeintlich ist sie etwas langweilig, gerade wenn man das Stichwort Kommunalwirtschaft hört. Das ist aber überhaupt nicht der Fall. Das ins Rampenlicht zu rücken, ist eine anspruchsvolle, aber gleichzeitig hochinteressante Aufgabe. Und sie ist extrem wichtig.

Am Ende ist aber selbst das nur eine Zuspitzung des allgemeinen Führungsvakuums, dem wir gegenüberstehen. Denn gerade in der Kommunalwirtschaft kann man diese Aufgabe nicht einfach ins Ausland transferieren. Als Beispiel: Wenn wir in Deutschland keine Leute mehr haben, die Autos bauen, dann können wir die noch importieren. Aber wenn es niemanden gibt, der vor Ort die Energie managt, dann haben wir ein Problem. 

Insbesondere in der aktuellen Zeit birgt die Energiebranche ganz eigene Herausforderungen. Verschärfen Aspekte wie Digitalisierung und Energiewende die Anforderungen zusätzlich? 

Absolut. Neben der Transformationsaufgabe spielen auch die neuen Technologien im Sinne von Automatisierung und Nutzung von allen IT-Möglichkeiten – und da beziehe ich insbesondere KI mit ein – eine wichtige Rolle. Im Sinne der Digitalisierung ist es auch notwendig, einen Generationswechsel zu haben. Den Generationswechsel beziehe ich hier allerdings nicht auf das Alter, sondern auf die Fähigkeiten, damit umzugehen. Letztlich steckt dahinter technologische Offenheit und Veränderungsbereitschaft. 

Das managen zu können und zu sagen, ich habe eine Bereitschaft, ein möglichst modernes Unternehmen aufzubauen, auch wenn ich in einer eher etwas in längeren Zyklen denkenden Wirtschaftsbranche unterwegs bin, das ist schon ein Hebel. 

Da gilt es umso mehr, schneller zu sein. Seit Jahren wissen wir aus anderen Branchen, dass die Schnellen die Langsamen und damit selbst die Großen fressen können. Das wird jetzt tatsächlich auch in der Energiewirtschaft Realität. Ich persönlich finde das total spannend. Selbst aus kleinen Unternehmen können plötzlich große Unternehmungen werden, die viel Geld verdienen, viel Freude machen und Gutes bescheren für ihre Kundinnen und Kunden oder für die Bürgerinnen und Bürger. 

"Sinnstiftung gibt den Menschen enorm viel, egal ob sie jung oder alt sind, und das geht mir persönlich genauso."

Gibt es Lernwerte, die man von anderen Branchen oder Märkten übernehmen kann, um neue Managementgenerationen zu fördern? 

Wir erleben gerade eine totale Umkehr des Marktes, ähnlich wie vor ein paar Jahren im Bereich IT, als es einen totalen Fachkräftemangel gab. Und jetzt? Durch die wirtschaftliche Entwicklung und ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis – und da spielen Themen wie Krieg, Inflation oder auch Arbeitsplatzsicherheit eine Rolle – sehen wir einen Zufluss an Start-ups. 

Was bewirkt das? Ich spreche viel mit Menschen in unserer Branche, und das Stichwort "Purpose" ist wichtig. Es ist ihnen wichtig, dass es Sinn ergibt, was sie machen, dass sie morgens aufstehen und diese Welt ein bisschen besser machen können. Hier ist der Hebel, etwas zu verändern. 

Es ist eine Doppelrolle: einerseits Versorger zu sein, was vor allem nach den Energiekrisenjahren wichtig ist, aber es ist eben auch die wichtige Aufgabe, Transformator zu sein. Sinnstiftung gibt den Menschen enorm viel, egal ob sie jung oder alt sind, und das geht mir persönlich genauso. 

Sind dabei auch Aspekte wie Diversity und Gender Equality relevant? 

Absolut. In der Gasag-Gruppe legen wir sehr viel Wert darauf, die Talente unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in jeglicher Hinsicht zu fördern. Um ein deutliches Zeichen zu setzten, haben wir beispielsweise die Charta der Vielfalt unterzeichnet und haben uns zum Ziel gesetzt, den Anteil von Frauen in Führung weiter zu erhöhen. Dafür arbeitet auch das Frauennetzwerk "Power.net", das vor knapp zehn Jahren gegründet wurde. 

"Es geht darum, den eigenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Steine aus dem Weg zu räumen, damit sie erfolgreich sein können"

Welche Erfahrungswerte Ihrer eigenen langjährigen Karriere waren so prägend, dass Sie diese gerne weitergeben möchten?

Vorab möchte ich sagen, dass ich gerne Führungskraft bin. Ich glaube, dass ich Vorbild sein kann und auch gut kommuniziere. 

Im Laufe meiner Karriere gab es zwei gravierende Veränderungen, die ich hier anführen möchte. Zum einen meine Business-Coach-Ausbildung, die mir einen Ansatz verschafft hat, systemischer zu denken. Was muss sich im Gesamtsystem ändern, an welchen Rädchen muss ich drehen, um dies zu bewirken? 

Zum anderen: "help others to succeed" – ein Prinzip, das ich schon vor knapp 20 Jahren etabliert habe. Es geht darum, den eigenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Steine aus dem Weg zu räumen, damit sie erfolgreich sein können. Seinerzeit war es ein ganz neuer Ansatz, dass man sich auch mal zurücknehmen und selber hinterfragen muss. 

Genau das ist eine Eigenschaft, die wichtig ist, sich aber vielleicht auch erst im Laufe der Jahre entwickelt: sich selbst nicht zu ernst zu nehmen und auch in Erwägung zu ziehen, ob der Fehler vielleicht bei einem selbst und nicht bei anderen liegt. 

Agiles Arbeiten ist ebenso wichtig: eben nicht nur Führungskraft zu sein, sondern als Manager mitten im Arbeitsprozess dabei zu sein, zum Beispiel bei Verhandlungen, und den Mitarbeitern Schulter an Schulter auf Augenhöhe zu begegnen. Da macht die Arbeit dann auch besonders viel Spaß. Ich fände es schon ein bisschen langweilig, wenn man gar nicht mehr mitmachen darf. Bei Projekten voll dabei zu sein, einen Deep Dive zu machen, das ist sehr wertvoll. 

Welche Resultate erhoffen Sie sich idealerweise von der Initiative? 

Zwei Dinge: Ich erhoffe mir hier gegenseitiges Lernen und Wachsen, bei dem ich auch selbst etwas mitnehmen und Eindrücke sammeln kann – sowohl von den Mentis als auch vom Netzwerk, das hochspannende, sehr geschätzte Kollegen und Kolleginnen umfasst. Obwohl ich die meisten gut kenne, ist es aus meiner persönlichen Sicht ein Riesen-Asset, ein solches Netzwerktreffen zu haben und den Austausch zu vertiefen.

Am Ende ist es natürlich ein Erfolg, wenn möglichst bald und möglichst viele der Mentis in eine anspruchsvolle Führungsposition kommen. Aus meiner Sicht muss das ja nicht der CEO sein; das ist ja nur ein Symbol für eine Führungspersönlichkeit. Aber es wäre eben gut, Kolleginnen und Kollegen in Management-Positionen zu bringen, die ein erfolgreiches Unternehmen mitführen.

Das Interview führte Ruth Heer

Das Gespräch mit dem Gasag-Vorstand Matthias Trunk ist Auftakt einer Serie über das Engagement der Mentor:innen bei der Initiative "CEO der Zukunft".

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