Höhere Abgaben für Kommunen – Stadtwerke-Projekte in Bedrängnis
Von Julian Korb
Die Energiewende gerät zwischen wirtschaftlichen Zwängen und kommunalen Interessen unter Druck. Während die jüngste Bundesnetzagentur-Ausschreibung für Windenergie mit über 5,7 Gigawatt (GW) eingereichter Gebote stark überzeichnet war und Brandenburg mit 609 Megawatt (MW) Zuschlägen ein Rekordergebnis erzielte, diskutiert der Brandenburger Landtag heute eine deutliche Erhöhung der kommunalen Sonderabgaben.
Stadtwerke fordern Befreiung von Zwangsabgabe
Der geplante Gesetzentwurf sieht vor, dass Windkraftbetreiber ab 2026 jährlich 5000 Euro je installierter MW zahlen müssen – eine Verdreifachung der bisherigen Abgabe. Für moderne 6-MW-Anlagen bedeutet das 30.000 Euro pro Jahr. Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) und die VKU-Landesgruppe Berlin-Brandenburg warnen vor einer Gefährdung der Projektrentabilität.
"Wind- und Solarenergieprojekte gewinnen erheblich an Akzeptanz, wenn sie durch kommunale Unternehmen vor Ort realisiert werden", erklärt Julian Büche, Geschäftsführer der VKU-Landesgruppe. "Die Gewinne kommen der jeweiligen Kommune und damit der örtlichen Gemeinschaft zugute." Stadtwerke und Bürgerenergiegenossenschaften sollten daher von der Sonderabgabe befreit werden, da sie die Kosten an ihre Kunden weiterreichen müssten.
Kostenschraube dreht sich weiter
Die Branche kämpft bereits mit stark gestiegenen Kosten: Zementpreise stiegen um 42 Prozent, Planungskosten um über 30 Prozent, die Netzanbindungskosten haben sich verdreifacht. Gleichzeitig schätzt die Branche den bundesweiten Investitionsbedarf bis 2030 auf 721 Milliarden Euro.
"Mit der geplanten Verdreifachung der Sonderabgabe ist die wirtschaftliche Belastbarkeit überschritten", warnt Jan Hinrich Glahr, LEE-Vorsitzender. Bei der Solarenergie würden bereits Freiflächenprojekte wegbrechen.
Sachsen drosselt Flächenziele
Sachsen zeigt einen anderen Weg bei der kommunalen Beteiligung: Dort erhalten betroffene Kommunen künftig 0,3 statt 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde (kWh) aus neuen Windanlagen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Leipzig hatte diese Erhöhung ausdrücklich begrüßt, da die Abgabe direkt an die Gemeinden fließe. Eine ebenfalls diskutierte direkte Bürgerbeteiligung hätte hingegen zu "unabsehbarem bürokratischen Aufwand und Kostensteigerungen" geführt.
Kritisch sieht die Kammer jedoch die Entscheidung, das Flächenziel für Windenergie von ursprünglich zwei Prozent auf die bundesweit geforderten 1,3 Prozent zu reduzieren. Zudem sendete der Leipziger Kreistag mit seinem Votum für die Prüfung eines Windkraft-Moratoriums ein "negatives Signal". IHK-Hauptgeschäftsführer Fabian Magerl warnt: "Die Industrie will investieren, modernisieren und klimafreundlich werden" – Verzögerungen beim Erneuerbaren-Ausbau würden jedoch dazu führen, dass teures Flüssigerdgas länger im Strommix bleibe.
Direktversorgung als Schlüssel
Statt höherer Pauschalabgaben sollten Direktversorgungsmodelle gefördert werden, fordern die Verbände. Die direkte Grünstromlieferung an heimische Industrie und Gewerbe scheitere meist an bürokratischen Hürden. "Brandenburg hat die Chance, Vorreiter einer nachhaltigen Industriepolitik zu sein", so Glahr vom LEE.
Die Verbände fordern eine Verschiebung des Stichtags auf 2027, um laufende Genehmigungsverfahren nicht zu gefährden.
Bayern mit Hindernissen
Während Brandenburg und andere Länder voranschreiten, zeigt Bayern die strukturellen Probleme des Windausbaus besonders deutlich. Obwohl 2024 erstmals 280 Genehmigungsanträge bewilligt wurden und in den ersten vier Monaten 2025 weitere 107 folgten, gingen bis Ende August nur zehn neue Windkraftanlagen ans Netz. Von 1783 seit 2010 beantragten Windrädern mit 6,5 GW sind lediglich 850 Anlagen mit 2,3 GW in Betrieb.
Die Ursachen sind vielfältig: Allein in Mittelfranken warten 438 Windenergieanlagen auf Netzanschluss, weitere 418 Anlagen kämpfen mit militärischen Beschränkungen durch Tiefflugstrecken. "In Bayern stockt es mit dem Ausbau der Windkraft an allen Ecken und Enden", kritisiert Martin Stümpfig von den Landtagsgrünen.
Selbst in Regionen mit wenigen Netzproblemen verzögern die Genehmigungsbehörden den Windkraftausbau: In Niederbayern warten zwei Drittel der Anlagen auch sechs Monate nach Antragstellung auf Genehmigung. Das Staatsregierungsziel von 1000 neuen Windrädern bis 2030 rücke so in weite Ferne. (Mit Material der Deutschen Presse-Agentur)
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