H2-Hochlauf: "Müssen Geld auf den Tisch legen"
Von Daniel Zugehör
Der Zehn-Punkte-Plan von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) stößt in Teilen der Wasserstoffbranche auf Ablehnung. Das wurde auf einer Fachtagung der nordrhein-westfälischen Landesenergieagentur NRW.Energy4Climate in Essen deutlich.
Reiches Plan sehe einen "Wasserstoff-Hochlauf nach Kassenlage" vor, sagte etwa Felix Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik beim Ökoinstitut. "So kann es nichts mit dem Hochlauf werden."
Vor allem zu Beginn "müssen wir Geld auf den Tisch legen", so Matthes weiter. Die Wirtschaftsministerin hat am 15. September, basierend auf dem neuen Monitoringbericht, zehn Maßnahmen zur Energiewende vorgestellt.
Zum Wasserstoff-Hochlauf heißt es darin unter anderem, dass "überkomplexe Vorgaben" abgebaut werden müssten. Damit meint Reiche eine "einseitige Fokussierung" auf grünen Wasserstoff.
Ziele werden "krachend verfehlt"
Die "große Negativüberraschung" im Energiewende-Monitoring sei der Bereich Wasserstoff (H2), findet Matthes. Die Ziele für das Jahr 2030, ist er sicher, werde Deutschland "krachend verfehlen".
Eigentlich möchte die Bundesregierung bis dahin zum Beispiel die heimische Elektrolysekapazität von aktuell fünf Gigawatt (GW) auf "mindestens zehn GW" steigern. Der Vertreter des Ökoinstitutes sieht diese Zahl frühestens im Jahr 2035 erreicht.
Auch Silke Krebs, Staatssekretärin im Landeswirtschaftsministerium, sieht den Zehn-Punkte-Plan kritisch. Wasserstoff sei vor dem Hintergrund des Klimaschutzes gerade für das Industrieland Nordrhein-Westfalen besonders relevant.
Doch Verzögerungen könnten sich dem Plan zufolge nicht nur auf der Produktionsseite ergeben, sondern auch bei der Infrastruktur – dem H2-Kernnetz. So wird darin das ursprünglich angepeilte Jahr 2037 für dessen Fertigstellung nicht mehr erwähnt.
"Können Erneuerbare bereitstellen"
NRW will an den eigenen Transformationsplänen trotzdem festhalten, wie die Staatssekretärin weiter betont. "Wir können Unternehmen erneuerbare Energien zur Verfügung stellen", so Krebs.
Die seien die Basis zur Dekarbonisierung der Industrie. Für den Übergang, solange das Kernnetz noch nicht gebaut sei, werde Elektrolyse vor Ort stattfinden, zeigte sie sich überzeugt.
Wasserstoff sei der Pfad der Zukunft. "Wir haben eine Entscheidung getroffen und gehen da jetzt lang." Dabei verweist Krebs auf das junge Förderprogramm "Invest Zukunft" für die nachhaltige Transformation von kleinen und mittleren Unternehmen.
H2 bleibt teuer
Aber selbst mit Förderprogrammen wie diesem dürfte Wasserstoff noch absehbar teuer bleiben, prognostiziert Forschungskoordinator Matthes. Für Nordeuropa nennt er eine Preisspanne von acht bis zehn Euro pro Kilogramm H2.
Ein Grund dafür liege in der Herstellung selbst. So sei die Elektrolyse Stand heute noch "viel teurer als gedacht", auch teurer als es das Ökoinstitut zuvor angenommen hatte, räumt er ein.
Und blauer Wasserstoff sei mit drei bis vier Euro/Tonne ebenfalls "nicht geschenkt" zu bekommen. Sowohl bei grünem als auch bei blauem H2 klaffe eine Kostenlücke. Diese gelt es zu schließen, so Matthes. "Die Frage ist nur, wer bezahlt?"
Die Fachtagung "Wasserstoffversorgung in Nordrhein-Westfalen" fand am 18. September in der ehemaligen Essener Zeche Zollverein statt. NRW.Energy4Climate ist nun offiziell Mitglied des Wasserstoffverbunds Hydrogen Europe.



